Deutschland darf nicht zu einseitig auf den Export setzen.

Der wirtschaftliche Aufschwung hat Deutschland erreicht. Daran gibt es keinen Zweifel. Die Zahl der Arbeitslosen ist unter die Marke von drei Millionen gesunken, die Auftragseingänge in vielen Branchen haben angezogen, die Wirtschaft insgesamt wächst kräftig. Und Deutschlands führende Volkswirte sagen dem Land auch für 2011 gute ökonomische Daten voraus. Politik, Unternehmen und Beschäftigte haben durch ihr vernünftiges Handeln während der schwersten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg das Fundament für diesen Aufschwung gelegt. Intelligente Kurzarbeitsregelungen und umsichtige Tarifabschlüsse haben dazu beigetragen, dass der Arbeitsmarkt hierzulande nicht zusammengebrochen ist. Die gut ausgebildeten Belegschaften stehen nun parat, sorgen für ein deutliches Umsatz- und Gewinnplus in ihren Betrieben.

Aber der Aufschwung ist fragil. Denn das Wohl der Exportnation Deutschland hängt stark von Entscheidungen jenseits der eigenen Grenzen ab. Gerade die Chinesen und Amerikaner versuchen derzeit mit zweifelhaften geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen ihre Wirtschaft zu stützen. Peking errichtet Handelsbarrieren, Washington überschwemmt die Märkte mit Dollars, um so die eigene Währung zu schwächen und den Export anzukurbeln. Für Deutschland kann diese moderne Form des Protektionismus katastrophale Folgen haben. Denn Ausfuhrschranken und ein künstlich nach oben getriebener Eurokurs sind Gift für die exportorientierten Unternehmen hierzulande. Hinzu kommt die explosive Situation in der Eurozone. Die Schuldenstände steigen unaufhaltsam, die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Staaten driftet auseinander. Die Nachbarländer sind immer weniger erfreut darüber, dass Deutschland sich über viele Jahre Konkurrenzvorteile durch sinkende Realeinkommen verschafft hat.

Die Lösung dieser Probleme liegt auf der Hand. Die Beschäftigten hierzulande müssen auf breiter Front und in angemessener Form am Aufschwung beteiligt werden. Einige Firmen in der Metallindustrie setzen hier ein richtiges Zeichen, indem sie Tariferhöhungen vorziehen. Aber das kann nur der Anfang sein. Steigende Reallöhne sind nicht nur als psychologisches Moment für die Beschäftigten wichtig und lassen sie am Aufschwung teilhaben. Sie führen auch zu mehr Kaufkraft und beenden so die allzu einseitige und ungesunde Abhängigkeit Deutschlands vom Export.