Grüne sprechen von einem „schmutzigen Deal“ mit den Energiekonzernen. Eine RWE-Sprecherin dementiert, dass es einen „Geheimvertrag“ gibt.

Berlin. Eine klare Mehrheit der Deutschen lehnt verlängerte Laufzeiten für Atomkraftwerke ab. So unterstützen nur 33 Prozent der Bürger das Vorhaben der Bundesregierung, die Laufzeiten der Atomkraftwerke um durchschnittlich zwölf Jahre zu verlängern, 61 Prozent sind dagegen, wie aus dem ZDF-Politbarometer hervorgeht.

Während die Anhänger von Union und FDP zu 57 beziehungsweise 58 Prozent für eine Laufzeitverlängerung votierten, sind die weitaus meisten Anhänger von SPD (71 Prozent), Linke (83 Prozent) und Grünen (90 Prozent) für den unter Rot-Grün beschlossenen Atomausstieg bis zum Jahr 2021.

Dem Vorwurf, die Bundesregierung habe bei ihrem neuen Energiekonzept hauptsächlich die Interessen der AKW-Betreiber berücksichtigt, stimmen 65 Prozent der Befragten zu , 22 Prozent sehen dies nicht so, und 13 Prozent können es nicht beurteilen.

Unterdessen hat die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast der Bundesregierung wegen des Vertrags mit der Atomwirtschaft Wortbruch vorgeworfen. Die Koalition sei einen „schmutzigen Deal“ eingegangen, sagte Künast im Deutschlandradio Kultur. Die von der Regierung versprochenen Einnahmen von 2,3 Milliarden Euro durch die Brennelementesteuer fielen in Wahrheit niedriger aus. Auch die Zahlen für erneuerbare Energien stimmten nicht, weil die Kosten für die Nachrüstung von Atomkraftwerken gegengerechnet würden. Sie warf der Koalition zudem vor, in den Atomvertrag Knebelungen für nachfolgende Regierungen eingebaut zu haben.

In dem von der Bundesregierung am Donnerstag veröffentlichten Vertragstext wird den Betreibern der Atomkraftwerke Planungssicherheit über die Legislaturperiode hinaus zugesagt. Unter anderem sollen die Zahlungen der Industrie zugunsten erneuerbarer Energien gekürzt werden, wenn die Kosten für eine Nachrüstung aus Sicherheitsgründen mehr als 500 Millionen Euro pro Meiler betragen sollten oder die Brennelementesteuer über das Jahr 2016 hinaus verlängert wird.

Die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International spricht derweil davon, dass die Regierung demokratische Grundlagen aushebele: „Wie will sie eigentlich Akzeptanz in weiten Kreisen der Bevölkerung bekommen für möglicherweise unbequeme Entscheidungen, wenn sie sich in einem konkreten Fall mit vier Bossen von Atomkonzernen zusammensetzt und sich die Bedingungen diktieren lässt“, sagte die Transparency-Vorsitzende Edda Müller zu NDR Info.

Eine RWE-Sprecherin betonte, dass die freiwillige Zahlung der Energieversorgungsunternehmen zusätzlich zur Atomsteuer allein aus aktienrechtlichen Gründen schriftlich fixiert werden musste. Diese Vereinbarung hatte nie den Charakter eines „Geheimvertrages“.