Horst Seehofer und Markus Söder machen Front gegen Kopfpauschale. Volker Kauder: Koalitionsvertrag gilt.

Hamburg/Berlin. Die geplante Kopfpauschale im Gesundheitsweisen hat heftige Auseinandersetzungen in der schwarz-gelben Regierungskoalition ausgelöst. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und sein Gesundheitsminister Markus Söder (beide CSU) meldeten am Wochenende in markigen Worten ihr Veto gegen die insbesondere von der FDP forcierten Pläne an. Das führte zu scharfen Gegenreaktionen bei den Liberalen, aber auch bei der CDU.

So bekannte sich der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), klar zu einer Gesundheitsprämie: "Wir wollen die Gesundheitsprämie, das haben wir in der Koalitionsvereinbarung festlegt", sagte Kauder dem Hamburger Abendblatt. "Sie begrenzt die Arbeitskosten und erleichtert den Wettbewerb zwischen den Kassen." Jetzt werde Bundes- gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) feststellen müssen, wie viel Geld er für den erforderlichen Sozialausgleich brauche. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hielt sich in der ARD hingegen aus dem Streit heraus und bekannte sich lediglich zu einer "Weiterentwicklung des Systems", für die die von Rösler geleitete Kommission zur Vorbereitung der Gesundheitsreform "absolut notwendig" sei.

Söder hatte in der "Bild am Sonntag" zu Protokoll gegeben, er halte die in der vergangenen Woche eingesetzte Kommission für überflüssig, da zur Finanzierung der Kopfpauschale ein Spitzensteuersatz von 73 Prozent notwendig sei. "Damit ist klar, dass die FDP als Steuersenkungspartei ihr Vorhaben zu den Akten legen muss", sagte Söder, der sich außerdem über "die fast schon manische Fixierung der FDP auf diesen kleinen Bereich des Gesundheitswesens" beklagte. Auch Seehofer hatte in der "Rheinischen Post" erneut klargemacht: "Eine Umstellung der bestehenden, am Lohn orientierten und sozial gerechten Arbeitnehmerbeiträge auf eine Pauschale wird es mit mir nicht geben."

Kauder sagte hingegen, die Koalition werde demnächst Klarheit bekommen, "wie Steuerreform und Gesundheitsreform in dieser Wahlperiode zu finanzieren sind". Die Schuldenbremse im Grundgesetz zwinge die Regierung, am Ende der Legislatur 60 Milliarden Euro weniger auszugeben als jetzt. Vor diesem Hintergrund seien "die Spielräume begrenzt". Gleichwohl stünden CDU, CSU und FDP zur großen Steuerreform, bekräftigte der Fraktionsvorsitzende. Zu den Einzelheiten, die noch festzulegen seien, gehörten "sowohl die Höhe als auch der Zeitpunkt der Entlastung". Mit der Steuerdebatte werde die Regierungskoalition im Mai beginnen.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte, Seehofer und Söder störten "fortwährend öffentlich die konstruktive Suche nach Lösungen innerhalb der Koalition". Auch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe forderte die CSU zur Mäßigung auf. Im Zusammenhang mit der geplanten Steuerstrukturreform und der Gesundheitsreform seien "Vorfestlegungen und krachende Begleitmusik" unnötig, sagte Gröhe dem "Tagesspiegel".

Angesichts der anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen Union und FDP im Bund und der ungewissen Aussichten für Schwarz-Gelb bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen wurde am Wochenende erneut über mögliche schwarz-grüne Bündnisse diskutiert. Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU), der in der Hansestadt mit den Grünen regiert, sagte der "Frankfurter Allgemeinen" mit Blick auf Nordrhein-Westfalen, wenn es dort für Schwarz-Gelb nicht reiche, "müssen wir weitersehen". Die CDU habe sich gewandelt, konservativ zu sein bedeute heute "etwas anderes als früher". Bei der CSU kam das nicht gut an. Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich warnte die CDU, "unverzichtbare Wertvorstellungen preiszugeben und umzudefinieren, nur mit dem Blick auf eine Machtoption". "Für uns gilt weiterhin, dass christlich-abendländische Werte uns die Orientierung geben", sagte er dem Abendblatt. Konkret heiße das auch, "dass für eine menschenwürdige Gesellschaft Kinder in der Geborgenheit einer festen zwischenmenschlichen Beziehung aufwachsen müssen. Das wird sich auch nicht ändern", bekräftigte er. Beust hatte auf das veränderte Familienbild der CDU hingewiesen, das die klare Aufgabenteilung zwischen Mann und Frau nicht mehr vorsehe.