Zur Vorbereitung der Gesundheitsreform ist eine Kommission eingesetzt worden. Neuer Ärger um die Kopfpauschale ist dabei programmiert.

Berlin. Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) will sie unbedingt. Sogar seine politische Zukunft knüpfte er zuletzt an die Kopfpauschale. Eine erste Hürde auf dem Weg zu ihrer Realisierung hat er nun genommen: Vier Monate nach ihrem Amtsantritt hat die Bundesregierung die Gesundheitskommission eingesetzt. Sie soll den Umbau der gesetzlichen Krankenversicherung vorbereiten. Angesichts des Finanzdrucks der Krankenkassen sollen acht Bundesminister unter Vorsitz von Rösler (FDP) die Finanzierung neu regeln. Beben Rösler gehören Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), Innenminister Thomas de Maizière (CDU), Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU), Familienministerin Kristina Schröder (CDU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) an. Ob am Ende ihrer Arbeit tatsächlich eine Kopfpauschale stehen wird, ist allerdings fraglich. Vor allem die CSU wirft dem Gesundheitsminister Knüppel zwischen die Beine, obwohl der Koalitionsvertrag langfristig die Einführung von einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeiträgen vorsieht.

„Jeder weiß, dass in dieser Legislaturperiode keine Kopfpauschale kommen kann“, sagte etwa CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin. „Das funktioniert fachlich nicht, und es funktioniert mit uns nicht.“ Gemäß den Plänen Röslers sollen vom Einkommen unabhängige Pauschalbeiträge eingeführt werden. Das heißt jeder zahlt denselben Beitrag, unabhängig davon, wie viel er verdient. Ärmere sollen einen Sozialausgleich aus Steuermitteln bekommen. „Wir haben im Haushalt schlicht keine Möglichkeiten für einen milliardenschweren Sozialausgleich aus Steuermitteln“, sagte Dobrindt. Er versicherte: „Eine Abkehr von der solidarischen Gesundheitsfinanzierung wird es mit uns nicht geben.“ Er wandte sich damit gegen die im Koalitionsvertrag geplante Festschreibung des Arbeitgeberbeitrags. Auch Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) zeigte sich in der „Berliner Zeitung“ (Mittwoch) davon überzeugt, dass die Regierungskommission zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Kopfpauschale weder finanzierbar noch umsetzbar sei.

Auch der Vorsitzende Chef der Krankenkasse KKH-Allianz, Ingo Kailuweit, wandte sich gegen Pauschalbeiträge. „Wenn die sozial Schwächeren Steuerzuschüsse erhalten, was unverzichtbar ist, läuft es doch wieder auf einkommensabhängige Beiträge hinaus“, sagte er der dpa. So eine Umstellung würde seiner Ansicht nach nur zu immenser Bürokratie führen. Das heutige Finanzierungssystem sei schon die gerechteste Lösung: Die Leistungsfähigkeit des Einzelnen werde berücksichtigt.

Kailuweit kritisierte die Reformrichtung. „Das Thema der Kommission, die Einnahmeseite der Krankenkassen, ist nicht unser Kernproblem.“ Die Regierung müsse stattdessen die Ausgaben senken. „Wenn die Ausgaben für Krankenhäuser, niedergelassene Ärzte und Arzneimittel jedes Jahr um fünf Prozent wachsen, sind sie auch künftig Treiber für Kostenexplosionen.“ Seit Jahren zeigten Expertengutachten, dass es Über- und Fehlversorgung gebe. „Notwendig ist eine höhere Qualität pro eingesetztem Euro.“ Die zentrale Frage laute, wie Qualität und Effektivität des immer komplexer werdenden Gesundheitssystems gesteigert werden könnten. „Regierungsmitglieder sind ohne entsprechende Unterstützung kaum in der Lage, hier neue Vorschläge zu machen“, sagte Kailuweit.