Hamburg. Wegen steigender Kosten für Arzneimittel hat die Anti-Korruptionsorganisation Transparency Festpreise und Positivlisten gefordert. Transparency-Vorstand Anke Martiny sagte dem Abendblatt: "Das ist überfällig. Es ist ein Skandal, dass sich die Pharmafirmen in Deutschland dumm und dämlich verdienen. Wir brauchen Positivlisten, durch die jedem klar wird, was bezahlt wird und was man selbst bezahlen muss."

Die Krankenkassen und Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) wollen die Ausgaben für Pillen und Medikamente drastisch reduzieren. Rösler sagte nach einem Treffen mit Pharmavertretern: "Dabei werden sowohl Vertragsverhandlungen zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Herstellern als auch die Kosten-Nutzen-Bewertung eine wichtige Rolle spielen." Innovative Arzneien seien in Deutschland besonders teuer.

"Der Minister ist streckenweise auf Gleisen, die nicht die unseren sind", sagte dagegen die Geschäftsführerin des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), Cornelia Yzer, der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings forderte der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, auch für neue Medikamente gesetzliche Festpreise.

Der Vorstandschef der KKH-Allianz, Ingo Kailuweit, drängt Rösler zum Handeln, weil die deutschen Pillen-Preise weit über dem Europa-Niveau lägen: "Ein und dasselbe Medikament ist zum Teil über 1000 Euro teurer. Wer anscheinend den Hals nicht voll genug bekommt, muss seitens der Politik zu einem Umdenken gezwungen werden."

Transparency billigt den Pharmafirmen zu, für Errungenschaften in der Behandlung schwerer Krankheiten zu sorgen: "Die Forschungs- und Entwicklungskosten sollen in die Preise eingehen, das Marketing aber nicht", sagte Martiny. Pharma-Repräsentantin Yzer verteidigte die Branche: "Unsere Preise sind nicht pauschal als zu hoch zu bezeichnen." Die forschenden Hersteller setzten auf Direktverträge zwischen Pharma-Unternehmen und einzelnen Kassen bei neuen Medikamenten. Schon häufiger hatten sich auch die Arzneimittelfirmen über die Krankenkassen beschwert. Vor allem mittelständischen Unternehmen ist schleierhaft, wie die gesetzlichen Kassen ihre Rabattverträge gestalten. Sie fühlen sich dabei ausgegrenzt.

Der Spitzenverband der Kassen fordert von Rösler auch kurzfristige Einsparungen im Wert von rund vier Milliarden Euro. Damit sollten Zusatzbeiträge der Versicherten vermieden werden.