Bayerns Gesundheitsminister kämpft weiter gegen die Kopfpauschale. In Berlin bemüht sich Schwarz-Gelb um politische Schadensbegrenzung.

Berlin. CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich war bemüht, die Angelegenheit tiefer zu hängen, nachdem seine Bundestagskollegen ihrem Unmut über den bayerischen Gesundheitsminister Luft gemacht hatten. Nach dem Motto, man habe jetzt "die Schnauze voll" von Markus Söder, so jedenfalls wurde Wolfgang Zöller zitiert, der der Regierung als Patientenbeauftragter dient.

Die große Wut hatte sich am Montagabend während der Sitzung der CSU-Landesgruppe in Berlin entladen, nachdem Söder ohne Rücksprache über die "Süddeutsche Zeitung" ein eigenes Gesundheitskonzept lanciert und als CSU-Konzept ausgegeben hatte. Schönheitsfehler: Die CSU-Gesundheitskommission, die einen eigenen Vorschlag für eine Reform der Finanzierung des Gesundheitswesens erarbeiten soll, hatte erst einmal getagt und war von einer Beschlussfassung noch weit entfernt. Effekt: Die von Söder vor zwei Wochen ausgerufene "Woche der Brüderlichkeit" zwischen München und Berlin war damit schon wieder beendet.

Friedrich, der sich vor 14 Tagen über die "Störfeuer" aus der Parteizentrale aufgeregt hatte, wollte gestern allerdings nicht schon wieder Öl ins Feuer gießen. Das sei nur "ein ganz normaler Meinungsbildungsprozess", der da stattfinde, meinte der CSU-Politiker am weiß-blauen Stammtisch. Der ironische Unterton sprach allerdings eine etwas andere Sprache. Friedrich versicherte, bei Söders Vorschlag handele es sich nur um eine "Ideenskizze", wahlweise sprach er auch von "Gedankenskizze", die mit keinerlei Vorfestlegungen verbunden sei. Von Krach könne keine Rede sein. In der Landesgruppe habe es lediglich "die eine oder andere besorgte Frage" gegeben, ob mit Söders Konzept Entscheidungen vorweggenommen würden. "Ich konnte die Kollegen beruhigen", sagte Friedrich. Beruhigen wollte er aber wohl vor allem die Berliner Koalitionspartner CDU und FDP, die nach dem Gipfeltreffen der Parteivorsitzenden am Sonntag gehofft hatten, dass nun endlich mehr Ruhe einkehren würde vor der wichtigen Landtagswahl in NRW.

Das war gestern auch das Hauptinteresse von Peter Altmaier. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion erklärte, die CDU lege Wert darauf, bei den Koalitionsvereinbarungen zu bleiben und der von FDP-Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler geleiteten Regierungskommission zur Reform des Gesundheitswesens die Chance zu geben, vernünftig zu arbeiten.

Im Koalitionsvertrag ist ein einkommensunabhängiger Beitrag zur Krankenkasse vorgesehen. Söders Vorstoß sieht vor, den derzeitigen Einheitsbeitrag zur Krankenversicherung von 14,9 Prozent auf 14 Prozent abzusenken, und den Kassen darüber hinaus die Möglichkeit zur Erhebung eines individuellen Zusatzbeitrags einzuräumen. Auch dieser Zusatzbeitrag soll nach Söders Vorstellungen lohnbezogen sein, worin er sich vom Modell einer Kopfpauschale unterscheidet, wie sie vor allem die FDP will.

Söder selbst gab sich von der allgemeinen Aufregung unbeeindruckt. "Es muss möglich sein, sich in den Ideenwettbewerb einzubringen", meinte er, und dass er der Einladung der CSU-Landesgruppe für den 19. April selbstverständlich folgen werde: "Ich fahre immer gerne nach Berlin." Aus Söders Gelassenheit sprach das Bewusstsein, dass der Parteivorsitzende hinter ihm steht. Tatsächlich ist Horst Seehofer der entschiedenste Gegner der von Rösler geplanten Kopfpauschale. Immerhin ist er 2004 wegen der damals erstmals angedachten Prämie vom Amt des Bundesgesundheitsministers zurückgetreten.