Neun Krankenkassen verlangen bisher den Zusatzbeitrag. Das Sonderkündigungsrecht stehe oft nur im Kleingedruckten.

Hamburg. Etwa sieben Millionen gesetzlich Versicherte müssen bereits jetzt oder spätestens Ende März einen Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung zahlen. Wie das Bundesversicherungsamt (BVA) dem Abendblatt bestätigte, ist die Zahl der Kassen, die die Extraprämie verlangen, auf neun gestiegen. Es sind die DAK sowie die Betriebskrankenkassen (BKK) GBK, die BKK Heilberufe, die BKK Advita, Deutsche BKK, BKK Phoenix, BKK Westfalen-Lippe, BKK Gesundheit und die BKK Axel Springer.

Zwei Anträge prüft das Bundesversicherungsamt noch, wie BVA-Sprecher Tobias Schmidt dem Abendblatt sagte. Darunter wird auch der Antrag der KKH-Allianz sein, die einen Zusatzbeitrag von acht Euro pro Monat bereits beschlossen hat. Dadurch wird die Zahl der Extrazahler in Kürze auf über achteinhalb Millionen steigen.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen beklagt die Konfusion, die die Zusatzbeiträge bei den Versicherten ausgelöst haben: "Wir haben sehr viele Anfragen zu dem Thema. Die Informationspolitik der Kassen ist schlecht. Es gibt außerdem Unklarheiten im Gesetz. Denn vielen Versicherten ist nicht bewusst, dass die Kassen den Zusatzbeitrag quasi nachträglich erheben dürfen", sagte die Referentin für Gesundheitspolitik des Bundesverbandes, Susanne Mauersberg, dem Abendblatt.

Beispiel: Am 28. Februar informiert eine Kasse, dass sie zum 28. März einen Zusatzbeitrag erhebt und zwar für das erste Quartal 2010 je acht Euro pro Monat. Dadurch werden dann 24 Euro fällig. Zahlen muss nur das Kassenmitglied, nicht die mitversicherten Ehegatten und Kinder. Rentner, Studenten und Arbeitslosengeldbezieher zahlen ebenfalls. Nur Härtefälle haben Chancen auf Erstattung.

Erhebt eine Kasse einen Zusatzbeitrag, hat der Versicherte sofort ein Sonderkündigungsrecht. Dazu reicht ein formloser Brief.

Mit der Kündigung kann man sich eine neue Kasse aussuchen, die keinen Zusatzbeitrag erhebt. Erhebt auch die neue Kasse die Extraprämie, kann man wieder wechseln. Allerdings werden bis Ende des Jahres nach Expertensicht fast die Hälfte der Kassen-Mitglieder Zusatzbeiträge zahlen müssen.

Verbraucherschützer beklagen vor allem die Briefe der DAK. Dem Abendblatt liegen die Informationen der Kasse sowie Einsprüche und schriftliche Weigerungen einiger DAK-Versicherter vor. "Das Sonderkündigungsrecht steht oft nur im Kleingedruckten", bemängelt Verbraucherschützerin Mauersberg. Die DAK wirbt sogar damit, dass man einen oder drei Euro Nachlass bekommt, wenn man halbjährlich oder einmal im Jahr den Zusatzbeitrag abbuchen lässt. Außerdem kann man eine kostenlose Auslandskrankenversicherung abschließen und an einem Gewinnspiel teilnehmen.

Diese Koppelgeschäfte sehen Verbraucherschützer kritisch. Sie sollen dafür sorgen, dass widerspenstige Versicherte tatsächlich schnell und unbürokratisch zahlen. In Kassenkreisen rechnet man jedoch mit vielen Verweigerern. Deshalb sind in den Zusatzbeiträgen die Bürokratiekosten für Mahnverfahren und Verweigerer bereits "eingepreist". Schon beim Krankenhaus-Notopfer 1997 ging der Streit bis vor das Bundesverfassungsgericht. Damals zahlten viele Versicherte einfach die 20 Mark pro Jahr für die Instandhaltung der Kliniken nicht. Nach dem Regierungswechsel 1998 wurde das Notopfer abgeschafft.

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