Jürgen Rüttgers, CDU-Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, gerät kurz vor der Landtagswahl in Bedrängnis. Es geht um käufliche Gespräche mit ihm.

Düsseldorf/Berlin. Zweieinhalb Monate vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen bringen Käuflichkeitsvorwürfe den CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers in Bedrängnis. Die Landes-CDU räumte ein, Sponsoren des im März anstehenden Parteitags für 6000 Euro Gespräche mit ihrem Vorsitzenden angeboten zu haben. SPD, Grüne und Linke fordern Aufklärung. Die Linken sprechen von verdeckten, und damit verbotenen Parteispenden. Rüttgers erklärte am Sonntag in Düsseldorf: „Ich habe die Briefe an die Sponsoren nicht gekannt. Als ich davon erfahren habe, habe ich den Generalsekretär angewiesen, dies sofort zu beenden.“

Die Landes-CDU bestätigte am Sonnabend einen „Spiegel“-Bericht, wonach sie in der Halle Fläche an Sponsoren vermietet, die sich dort präsentieren wollen. Für 20000 Euro ist eine mehr als 15 Quadratmeter große Ausstellungsfläche zu haben – inklusive Einzelgespräch mit Rüttgers oder einem Minister. Für 6000 Euro weniger gibt es einen 12 bis 15 Quadratmeter großen Stand – ohne Gespräch, aber mit Rundgang und Fototermin. Die Partei betonte aber, die unterschiedliche Bezahlung beziehe sich nur auf die unterschiedliche Standgröße. Rüttgers hat Berichten aus seinem Parteiumfeld zufolge am Wochenende äußerst verärgert auf die Sponsorenbriefe reagiert. In seiner persönlichen Stellungnahme erklärte er am Sonntag weiter: „Die Unterstellungen sind, was mich betrifft, absurd und völlig unzutreffend.“

Der CDU-Landesgeneralsekretär, Hendrik Wüst, reagierte prompt und einsichtig. „Ich bedauere ausdrücklich, dass hier ein falscher Eindruck entstanden ist und entschuldige mich dafür insbesondere bei dem Vorsitzenden der CDU Nordrhein-Westfalen, Ministerpräsident Jürgen Rüttgers“, hieß es in der fast zeitgleich verbreiteten Mitteilung aus der Düsseldorfer CDU-Zentrale. Der Versuch, bei Parteitagen zusätzliches Geld in die CDU-Kasse fließen zu lassen, ist dem „Spiegel“-Bericht zufolge nicht neu. Die Landes-CDU habe schon früher versucht, Sponsoren mit Terminen beim Ministerpräsidenten zu locken. Für den Landesparteitag 2008 in Dortmund habe die Geschäftsstelle der Partei ebenfalls ein „Partnerpaket“ angeboten, das ein Gespräch mit Rüttgers einschloss. Der „Tagesspiegel am Sonntag“ nennt sogar ein Beispiel aus dem Jahr 2006. Ein kommunales Unternehmen habe erklärt, im Anschluss an den Zukunftskongress der CDU in Bonn sei man für eine fünfstellige Summe am Tisch von Rüttgers platziert worden.

Die Grünen in Berlin fordern nach dem Käuflichkeitsvorwurf eine Überprüfung der Praxis nach dem Parteiengesetz. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) müsse die Sponsor- und Spendenpraxis der Landes-CDU überprüfen, verlangte der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Volker Beck.Eine Sprecherin von Lammert sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Die Bundestagsverwaltung geht grundsätzlich immer allen Hinweisen auf mögliche Verstöße gegen das Parteiengesetz nach.“ Ob hier ein Verstoß vorliege, könne noch nicht gesagt werden.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles kritisierte: „Rüttgers ist offensichtlich käuflich.“ Für den Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, ist „das nichts anderes als die Anbahnung politischer Korruption“, wie er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ sagte.Der designierte Linken- Vorsitzende Klaus Ernst verlangte in einer Erklärung: „Solche Praktiken müssen per Gesetz als verdeckte Parteispenden eingestuft werden.“

Ein CSU-Sprecher sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Montag), auch bei CSU-Parteitagen würden Ausstellungsflächen vermietet. „Das finden Sie bei allen Parteien auf allen Parteitagen.“ Auch gebe es auf CSU- Parteitagen „immer wieder mal Rundgänge“ der Vorsitzenden. „Aber auf keinen Fall gegen Geld.“ Ähnlich äußerte sich eine Sprecherin des SPD-Parteivorstandes. Sponsoren könnten auf Parteitagen Ausstellungsfläche mieten. „Es gibt dann den Ausstellerrundgang des Parteivorsitzenden. Das ist immer so. Aber das kostet natürlich nicht zusätzlich“, sagte sie dem Blatt. Die Mieteinnahmen würden im Rechenschaftsbericht der Partei aufgeführt.