In Nordrhein-Westfalen geht es am 9. Mai um alles: Kanzlerin Merkel schwört die nordrhein-westfälische Parteigemeinde auf Wahlkampf ein.

Münster. Die CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel wirft am Sonnabend einiges in die Waagschale, um den nordrhein-westfälischen Parteifreunden Mut und Kampfkraft für den Landtagswahlkampf einzuhauchen. Um Auf- oder Abstieg Deutschlands, um die „Herzkammer der wirtschaftlichen Entwicklung“, um die „Lokomotive für Arbeit und Wohlstand“ – und um die hauchdünne schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat gehe es. Deshalb sei der Sieg in NRW „das Ziel der gesamten Christlich-Demokratischen Union Deutschlands“, hämmert die Parteichefin den Delegierten des Landesparteitags in Münster ein. „50 Tage Anstrengung, damit fünf Jahre gute Politik gemacht werden kann. Wir schaffen das.“

Wie erwartet, reagieren die rund 600 Delegierten mit dankbarem Applaus. Nach wochenlangen Negativ-Schlagzeilen um die Sponsoren- Affäre, Rücktritt des Generalsekretärs mitten im Landtagswahlkampf, Verlust der schwarz-gelben Mehrheit in zahlreichen Umfragen und internen Querelen in der Düsseldorfer Parteizentrale lechzt die gebeutelte Basis nach Aufmunterung.

In die Offensive kommen, heißt die Devise. Die Sponsoren-Affäre um CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers wird dieser Logik folgend mit keinem Wort erwähnt. Neue Meldungen des „Spiegel“, dass in der Vergangenheit auch Fotos mit Regierungsmitgliedern im Vorfeld von Parteitagen zum Kauf angeboten wurden, werden nicht kommentiert. „Zu Sponsoring ist alles gesagt. Wir machen heute in Münster Politik“, lässt ein Parteisprecher lediglich verlauten.

Stattdessen konzentriert man sich darauf, vor einer rot-roten Regierung zu warnen. Der „Pakt mit den Kommunisten“ bringe Einheitsschulen, einen Generalangriff auf das Eigentum und Chaos, lauten die schrillen Warnungen der Parteispitze. Weder SPD noch Grüne grenzten sich sauber von der Linkspartei ab, kritisiert Rüttgers.

Zu den Grünen geht er deutlich auf Distanz, obwohl sie ihm allen Umfragen zufolge eine realistischere Machtperspektive bietet als sein derzeitiger Koalitionspartner FDP. „Die Grünen sind einfach nur machtgeil“, schimpft Rüttgers. Mit ihren Attacken auf die FDP versündigten sich die Grünen an der politischen Kultur.

Dennoch setzt sich Rüttgers auch von der FDP ab. „Ich stehe für eine andere Politik als die FDP. Die CDU macht Politik für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen, nicht nur für zehn Prozent.“ Noch deutlicher wird der neue Generalsekretär, Andreas Krautscheid: „Für uns gilt nicht die Philosophie: Wenn jeder an sich selbst denkt, dann ist an alle gedacht.“

Den großen Säbel zieht Rüttgers nicht gegen seine direkte Herausforderin, SPD-Oppositionschefin Hannelore Kraft, aus dem Wahlkampf-Arsenal, sondern gegen den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel. Gabriel habe Merkel angeboten, ein Zehn-Milliarden-Steuerpaket mitzutragen, aber nur falls Kraft die Wahl gewinne, spottet er unter dem Johlen des Parteitags. „Dieser Mann ist charakterlos. Dieser Mann ist hemmungslos und dieser Mann ist eigentlich eine Schande für die deutsche Politik.“

Beschaulich wird es erst wieder, als die Kanzlerin gehen will. Sie bekommt ein „Original Milchkannenrad“ aus dem Münsterland geschenkt, Kinder laufen zu fröhlicher Pop-Musik mit CDU-Fähnchen auf die Bühne und NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann verabschiedet die Parteifreundin mit dem Freud'schen Versprecher des Tages: „Du kannst Dich darauf verlassen, dass die CDU Dich in den nächsten 50 – äh fünf - Jahren mit aller Kraft unterstützen wird.“