BERLIN. Bundeskanzlerin Angela Merkel will ihre Klimaschutzziele beim G-8-Gipfel offensiv vertreten. Die CDU-Chefin kündigte an, sie werde in Heiligendamm auch gegenüber US-Präsident George W. Bush bei bestimmten Positionen unnachgiebig bleiben. Bush trifft nach Angaben aus Washington schon morgen Abend in Begleitung seiner Frau Laura in Rostock ein. Ein bilaterales Gespräch zwischen Bush und Merkel ist beim Mittagessen am Mittwoch geplant.

Die europäischen Umweltminister nahmen die Initiative von US-Präsident George W. Bush zum Klimaschutz verhalten auf. Bei einer Konferenz in Essen werteten sie den Vorschlag für eine Klimakonferenz der größten Treibhausgasemittenten als Anzeichen für Bewegung in den USA. Einen amerikanischen Sonderweg lehnten die Ressortchefs aber ab. Alle seien sich einig, dass die Diskussion über Bushs Vorschläge einmünden müsse in den Prozess der internationalen Klimaschutzdebatte unter Führung der Vereinten Nationen, sagte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel.

Die Kanzlerin räumte im Nachrichtenmagazin "Spiegel" ein, dass sich die acht führenden Industriestaaten in Heiligendamm wohl nicht auf den deutschen Vorschlag einigen werden, den Temperaturanstieg auf der Erde bis zum Jahr 2050 auf zwei Grad zu begrenzen: "Wenn die Vereinigten Staaten sich nicht bewegen, werden andere möglicherweise auch erst mal abwarten." Sie rechne eher nicht mit einer Lösung schon in dieser Woche. Auf "faule Kompromisse" werde sie sich nicht einlassen: "Über die zwei Grad kann ich nicht verhandeln." Auch Merkel meinte, Bushs Vorstoß zu einer gemeinsamen Klimakampagne der führenden Industriestaaten mit den Schwellenländern müsse in einen Uno-Prozess münden: "Das ist für mich nicht verhandelbar."

Gabriel sagte, Bushs Vorschläge zeigten die Erkenntnis, dass der Alleingang und die Verweigerungshaltung der USA in den vergangenen sechs Jahren ein kompletter Fehlschlag gewesen seien. Allerdings dürfe der US-Vorstoß jetzt auch nicht zu einem Aufweichen oder Aushebeln des internationalen Klimaschutzprozesses führen.

Der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva hat den Industrieländern die Hauptverantwortung im Kampf gegen den Klimawandel zugeschrieben. "Die Industrieländer sind seit mehr als zwei Jahrhunderten die größten Umweltverschmutzer, sie müssen nun mit allen denkbaren Maßnahmen zur Vermeidung und Eindämmung von Umweltbelastungen ihren Teil zum Klimaschutz beitragen", sagte er der "Bild am Sonntag".

In ihrer wöchentlichen Videobotschaft rechtfertigte Merkel angesichts der Kritik am Sicherheitsaufwand die Notwendigkeit solcher Treffen wie des G-8-Gipfels. Da die Welt immer weiter zusammenwachse, sei es "wichtig, dass die wesentlichen Akteure miteinander beraten und wichtige Initiativen entwickeln".

Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier bezeichnete die umstrittenen Sicherheitsvorkehrungen als notwendig. Der hohe Aufwand verlange allerdings auch anspruchsvolle Themen, "selbst dann, wenn der Erfolg nicht in jeder Hinsicht garantiert ist", sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk.

Der britische Premierminister Tony Blair hält beim Klimaschutz einen "historischen Durchbruch" während des G-8-Gipfels in Heiligendamm für möglich. "Ich hoffe, es kommt dazu", sagte er bei einer Parlamentarierkonferenz zum Klimaschutz im Berliner Reichstag. Blair lobte Merkels "hervorragende Führungsrolle" in der Klimadebatte. Dies schaffe eine gute Gelegenheit, "tatsächliche Fortschritte" in Heiligendamm zu erreichen.

Die Klimainitiative von US-Präsident George Bush sei ein "wichtiger Schritt" nach vorn. Damit seien die Vereinigten Staaten erstmals Teil der Bemühungen um die Reduzierung der Treibhausgase geworden. Sollten sich die G 8 einigen, würde dies Gespräche über eine Gesamtlösung im Rahmen der Uno erheblich beschleunigen. Ein neues Rahmenwerk zur Ablösung des Kyoto-Abkommens könne es dann schon im Jahr 2009 geben. Deshalb sei keine Zeit zu verlieren.