Dresden. Sie hatten sich gestern schon auf längere Wartezeiten eingerichtet. Denn zur direkten Stimmabgabe per Briefwahl im Zentralen Wahlbüro waren seit dem Beginn eine Woche zuvor regelmäßig weit über tausend Dresdner gekommen. Aber daß sie komplett abgewiesen wurden, war für die meisten schon ein Schock.

Als Bettina Semper kurz nach neun Uhr am Wahllokal ankam, herrschte dort schon Unruhe. Ein junger Mann fragte nach ihrer Wahlbenachrichtigung. Dann wies er sie darauf hin, daß die Wahl in ihrem Wahlkreis wegen des Todes der NPD-Kandidatin gestoppt wurde. "Erst glaubte ich, das wäre ein Trick der NPD", berichtete sie.

"Wir haben alle Reaktionen erlebt - von Erstaunen bis Empörung", sagt Simone Rehwagen vom Wahlbüro. Ausführlich mußte sie etwa dem Ehepaar Arnold versichern, daß es später noch in Ruhe die Briefwahl vornehmen könne.

Der kleine Aushang an der Haustür zum Wahllokal schien dagegen völlig wirkungslos. Die "Öffentliche Bekanntmachung" sah kaum jemand. Die Lage an dem Wahlbüro war auch deshalb etwas unübersichtlich, weil Wähler aus zwei Wahlkreisen kamen: Nur für Dresden I mit den südöstlichen Stadtteilen wurde die Wahl gestoppt. In Dresden II/Meißen II läuft dagegen alles nach Plan weiter.

Ein neuer Termin wurde bisher nicht festgelegt. "Sie soll jedenfalls möglichst frühzeitig erfolgen", sagte Stadtsprecher Kai Schulz. Möglichst heute noch soll bekannt gegeben werden, ob der 2. Oktober zu halten ist.

Die NPD will kommenden Mittwoch einen neuen Direktkandidaten wählen. Nach dem Gesetz würde es genügen, einen Ersatzkandidaten zu benennen oder den Verzicht darauf bekannt zu geben.

Viele schon abgegebene Stimmen sind ungültig. 27 000 Wähler aus dem Wahlkreis Dresden I (160) hatten Briefwahlunterlagen beantragt. Wahlbriefe, die bereits abgeschickt wurden, werden ungeöffnet vernichtet. Bis gestern hatten schon über 8000 Wähler aus beiden Kreisen abgestimmt.

Wer bisher Briefwahl beantragt hat, bekommt neue Unterlagen zugesandt und alle Wähler werden schriftlich über den neuen Wahltermin informiert.

\* Stefan Rössel ist Redakteur der "Sächsischen Zeitung"