SPD-Vorsitz an Franz Müntefering abgetreten. Bekenntnis zu Reformen. “Wir sind uns einig. Wir halten Kurs.“

Berlin. Mit einer ungewöhnlich emotionalen Rede hat Bundeskanzler Gerhard Schröder gestern auf einem Sonderparteitag in Berlin als Vorsitzender der SPD Abschied genommen und damit den Weg frei gemacht für Franz Müntefering. Der 64-jährige Sauerländer soll in der Partei, die im Umfragetief steckt, für einen Neuanfang sorgen.

Die Delegierten statteten Müntefering mit einem großen Vertrauensbeweis aus. Er erhielt 95,1 Prozent der Stimmen - das beste Ergebnis für einen SPD-Chef seit der Wahl Björn Engholms 1991. An seiner Seite stehen künftig als Generalsekretär Klaus Uwe Benneter (78,74 Prozent Zustimmung) und der Bundesgeschäftsführer und Müntefering-Vertraute Karl-Josef Wasserhövel.

Schröder hatte zuvor in seiner Abschiedsrede seinen Genossen und seiner Frau Doris für die Unterstützung in den vergangenen fünf Jahren gedankt. Als er seine Gattin direkt ansprach, rang der Kanzler mit den Tränen. Er habe das Amt "in verdammt schwierigen Zeiten" ausgeübt, "gestützt auf die, die ich liebe und die mich lieben".

Ausdrücklich warnte Schröder Reformkritiker aus den eigenen Reihen, die mit der Gründung einer eigenen linken Partei liebäugeln. Statt ihre Kräfte aufzuteilen, solle die SPD lieber sozialdemokratische Werte wie soziale Gerechtigkeit bewahren. Die Delegierten feierten den Kanzler mit minutenlangem Applaus.

Mit Blick auf die Reformen zeigten sich Schröder und Müntefering einig. "Wir halten Kurs. Was beschlossen ist, wird nicht geändert", sagte Schröder. Müntefering fügte hinzu, die SPD müsse mutig genug sein, den Menschen zu sagen, dass sie nicht nur Politik im Hinblick auf die nächsten Bundestagswahlen im Jahr 2006 mache. Er sprach sich für die Bürgerversicherung, die Ausbildungsplatzabgabe und eine starke Position der Gewerkschaften aus. Müntefering lud DGB-Chef Michael Sommer zu einem Gespräch ein. Die Tarifautonomie müsse bleiben.