Gerhard Schröders Abschiedsrede in Auszügen

"Die Übergabe des Amts des Parteivorsitzenden ist immer ein neuer Anfang. Aber dieser Wechsel im Amt ändert nichts daran, dass unsere Politik notwendig und richtig ist. Wir halten Kurs. Was beschlossen ist, wird nicht verändert. Diese Reformen sind notwendig. Wir haben dafür gesorgt, dass sie unserer sozialdemokratischen Leitlinie folgen. Sie heißt: Innovation und Gerechtigkeit. ( . . . )

Immer, wenn es in Zeiten schwieriger Zäsur galt, Veränderungen vorzunehmen und dafür die Verantwortung zu tragen, dann waren wir es, die bereit waren, das Wichtige und das Richtige zu tun. Uns als Sozialdemokraten hat es immer ausgezeichnet, nicht nur etwas zu fordern, sondern auch durchzusetzen. Das ist der Sinn von Regierungsmacht und Regierungshandeln. Es ist auch unser Verdienst, dass der deutsche Sozialstaat kein bloßer Fürsorgestaat mehr ist, sondern dass er im guten Sinne ein Teilhabestaat ist: sozialer Ausgleich und Teilhabe durch eigene Leistung und Leistungsbereitschaft. Wir müssen uns an den Umbau des Sozialstaates machen, um ihn für künftige Generationen erhalten zu können. ( . . .)

Wir sind davon überzeugt, dass in unserer Politik das Richtige für unser Land liegt. Das gilt auch dann, wenn es manchmal schwierig ist, dies kenntlich zu machen und zu vermitteln. Wir werden vor dieser Aufgabe nicht davonlaufen, weil für uns gilt und immer gegolten hat: erst das Land und dann die Partei, weil wir eine Volkspartei sind und nicht eine Ansammlung von Populisten, weil wir Patrioten sind, aber keine Nationalisten. ( . . . )

Mir fällt der Abschied vom Vorsitz unserer Partei nicht leicht. In der Nachfolge von August Bebel und Willy Brandt zu stehen, das war für mich eine große Ehre. Ich war stolz darauf, Vorsitzender dieser großen, ältesten demokratischen Partei Deutschlands sein zu dürfen. Aber die Aufgabe als Bundeskanzler, sozialdemokratische Politik eben nicht nur in Deutschland, sondern in Europa und darüber hinaus zu gestalten, erfordert schon die ganze Kraft eines Menschen. Wir haben also entschieden, in einem größeren Spielfeld eine neue Mannschaftsaufstellung zu formieren. Ich war für viele kein leichter Vorsitzender. Es waren aber auch verdammt schwierige Zeiten, in denen ich Vorsitzender war."