Nach der tödlichen Kollision auf der Piste rätselt die Polizei über die Schuldfrage. Ärzte holen Dieter Althaus vorsichtig aus dem künstlichen Koma.

Hamburg/Erfurt/Liezen. Der Schnee war griffig, die Sicht klar. Aber es gab keine Augenzeugen und deshalb viele Rätsel: Der schwerwiegende Pistencrash des thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus (CDU) lässt Polizei und Experten ratlos. Nur die Retter bringen etwas Licht in die dramatische Bergung der beiden Opfer. "Helfen Sie erst der Frau", soll Althaus (50) gesagt haben. Er war nach der schrecklichen Kollision an der Pistenkreuzung bei Bewusstsein und ließ sich erst später im Rettungswagen genauer vom Notarzt untersuchen. Außerdem leisteten zwei auf der Piste fahrende Ärzte erste Hilfe. Der Hubschrauberflug ins Krankenhaus nach Schwarzach verzögerte sich dann wegen schlechter Sicht. Beim Flug verlor Althaus das Bewusstsein und wurde wegen seiner schweren Kopfverletzungen ins künstliche Koma versetzt. Zu dem Zeitpunkt wusste er nicht, dass Beata C. tot ist.

Wo die beiden geübten Fahrer zusammenstießen, werden die beiden Pisten kurz vor der Talstation zusammengeführt. Es gibt ausreichend Platz zum Ausweichen. Der Geschäftsführer der Riesneralm Bergbahnen, Erwin Petz, sagte nach Angaben der österreichischen Nachrichtenagentur APA: "Es ist so, wie wenn es auf einem großen Parkplatz, wo nur zehn Autos stehen, zu einer Kollision zwischen zwei Fahrzeugen kommt." Erst im Sommer sei der Kreuzungsbereich noch einmal verbreitert worden, sagte Petz.

Der für die Frau tödliche Zusammenprall ereignete sich von Althaus aus gesehen hinter einer Absperrung. Er kam von der Piste, die etwas höher liegt und hätte einen guten Einblick haben müssen. Doch das ist Spekulation, und es gibt keine Augenzeugen. Sowohl ein Sicherheitsbeamter, der Althaus begleitete, als auch der Ehemann der verunglückten Frau lagen den Behörden zufolge auf den Abfahrten so weit zurück, dass sie den Unfall nicht sahen. Auch die Aussage von Althaus, der aus dem künstlichen Koma geholt werden sollte, wird den Ermittlern nicht helfen können: Er dürfte sich nach Einschätzung von Medizinern nicht an den Zusammenprall erinnern.

Das Unfallopfer Beata C. stammt aus der Slowakei und lebt in den USA. Die gute Skifahrerin war mit einem Österreicher verheiratet, der drei Kinder mit in die Ehe brachte. Ihr gemeinsames Kind wird an diesem Sonnabend ein Jahr alt. Mit ihrem Mann war sie ohne Helm auf der Piste unterwegs und hatte kurz vor dem Crash angehalten.

Althaus hat nach Einschätzung der Ärzte gute Chancen auf eine Rückkehr ins Amt. "Wir sind guter Hoffnung, dass die Entwicklung weiter positiv verlaufen wird", sagte einer der behandelnden Mediziner am Freitagabend. "Alle während des Tages durchgeführten neurologischen Untersuchungen lassen auf eine günstige Entwicklung hoffen." Die Aufwachphase aus dem künstlichen Koma könne zwölf bis 14 Stunden dauern. Der Anästhesist Hubert Artmann sagte, sobald Althaus wieder kontaktfähig sei, werde er mit kleinen Schritten ins normale Leben zurückgeführt, angefangen beim Essen, Trinken sowie passiver und aktiver Bewegung. Die begleitende Therapie könne zwei bis drei Wochen dauern.

Der Knochenbruch im Gesicht müsse nicht behandelt werden. Eine Verlegung nach Erfurt ist nach Meinung der Ärzte zurzeit nicht sinnvoll. Althaus' Frau Katharina, mit der er Urlaub machte, wacht an seinem Krankenbett.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und weitere Politiker äußerten sich "tief betroffen" über den tragischen Skiunfall und wünschten dem Thüringer Regierungschef eine rasche Genesung. Thüringer CDU-Politiker sprachen der Familie der tödlich Verunglückten ihr Beileid aus.

Rätsel um den Unfallort: Wie konnte es zum tödlichen Unfall kommen? Gute Sicht, breite Pisten, nur wenige Skifahrer waren auf der Riesneralm in der Steiermark unterwegs: Wie konnte es zu dem verhängnisvollen Zusammenstoß zwischen dem thüringischen Regierungschef Dieter Althaus und Beata C. am Rande der Pistenkreuzung kommen? Staatsanwaltschaft und Polizei sind noch ratlos. Eine mögliche Erklärung für den ungewöhnlichen Unfallort gibt Henning Rohlf vom Verband Hamburger Skivereine e. V.: "Natürlich ist es Spekulation, aber es erscheint möglich, dass der Fahrer, der aus Richtung des roten Pfeils kam, ein zu hohes Tempo fuhr, um die Rechtskurve nehmen zu können. Deshalb ist er eventuell zunächst auf den Gegenhang gefahren." Dort kam es zum Zusammenstoß. Der Fahrer, der aus Richtung des roten Pfeils kam, war Althaus.