Bürgermeister: Tunnelbohren in Großstädten ist “fast unverantwortlich“. Hamburger Behörde hat dagegen “keine Bedenken bei der U 4“. Bilder vom Einsturz des Stadtarchivs.

Köln/Hamburg. Nach dem verheerenden Einsturz des Historischen Stadtarchivs in Köln haben die Retter die Hoffnung nahezu aufgegeben, die beiden vermissten Männer noch lebend aus den Trümmern zu bergen. Die Chancen dafür tendierten leider "gegen null", sagte Feuerwehrchef Stephan Neuhoff.

Auch gestern bestand für die Einsatzkräfte keine Möglichkeit, zu den Verschütteten vorzudringen. Noch immer drohen Gebäudeteile beschädigter Nachbarhäuser einzustürzen. Außerdem ist der Untergrund extrem instabil. Neben dem Trümmerberg klafft ein 28 Meter tiefes U-Bahn-Loch. Keinen Zweifel haben die Experten, dass ein Erdrutsch in dem Schacht zumindest teilweise für den Einsturz verantwortlich war. Die Staatsanwaltschaft leitete ein Verfahren gegen unbekannt wegen fahrlässiger Körperverletzung ein.

Der Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) stellte den Weiterbau des Großprojekts grundsätzlich infrage. Es sei nach dem Unglück "fast unverantwortlich", unter einem Innenstadtbereich eine neue U-Bahn zu bauen. Dies zeigten auch frühere Vorfälle.

In Hamburg, wo derzeit die neue U 4 von der HafenCity zum Jungfernstieg gebaut wird, wiesen Politiker und Experten Schrammas Befürchtungen zurück. CDU-Verkehrsexperte Klaus-Peter Hesse (41) sagte: "Eine pauschale Ablehnung von U-Bahn-Projekten in Großstädten halte ich für falsch. Die Hochbahn hat jahrzehntelange Erfahrung im U-Bahn-Bau, deshalb gehe ich auch davon aus, dass beim Bau der U 4 alle Sicherheitsrisiken sorgfältig im Vorfeld geprüft und so minimiert wurden." Solche Bauprojekte seien wegen des knappen Verkehrsraums in den Innenstädten unverzichtbar. Enno Isermann (37), Sprecher der Stadtentwicklungsbehörde, sagte: "Sollte das Unglück in Köln tatsächlich durch den U-Bahn-Bau verursacht worden sein, würden wir aus diesem Vorfall, wenn nötig, auch die erforderlichen Konsequenzen für den Bau der

U 4 ziehen." Allerdings gebe es "keinerlei Sicherheitsbedenken". Die Baupläne seien insbesondere in puncto Statik "sorgfältigst geprüft" worden.

In Köln wurde gestern Nachmittag der Schuttberg mit Planen vor Regen geschützt. Experten hoffen, später Archivschätze aus den Trümmern retten zu können. Dennoch seien unschätzbare Verluste aus 1000 Jahren Geschichte zu befürchten.