Der Hamburger ZDF-Mann gehört zu den wenigen Journalisten, die weiter aus dem Irak berichten.

Hamburg. "Frauen und Kinder sind auf dem Land, die Geschäfte geschlossen. Soldaten haben sich an den wichtigsten Kreuzungen postiert, ich befürchtete, dass die Stadt in Kürze abgeriegelt wird." In der "Heute"-Sendung um 19 Uhr gab Ulrich Tilgner gestern diesen Lagebericht aus Bagdad. Während sein Team gestern nachmittag abreiste, will der Hamburger Journalist als einer der wenigen dort verbliebenen Reporter weiter für das ZDF aus der irakischen Hauptstadt berichten. Das kann sich aber jederzeit ändern, denn der 55-Jährige telefoniert regelmäßig mit ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender, um gegebenenfalls eine Abreise zu veranlassen. "Jeder hat das Recht, zu gehen, das hat nichts mit Mut zu tun", sagt Brender. Tilgner ist ein erfahrener Mann. Der freie Journalist in Diensten des Mainzer Senders hat schon über den ersten Golfkrieg 1991 und viele andere Krisen im Nahen Osten berichtet. Neben Tilgner, der seit 15. Februar in Bagdad ist und sich auch schon im Dezember/Januar sechs Wochen lang in der irakischen Hauptstadt aufhielt, berichten noch Antonia Rados (RTL und n-tv), Katrin Sandmann (SAT.1 und N24) und Stefan Kloss (ARD) weiterhin live aus dem Krisengebiet. Der 33 Jahre alte freie Journalist ist jetzt auf Sendung, nachdem der feste Korrespondent Jörg Armbruster angewiesen wurde, Bagdad in Richtung Jordaniens Hauptstadt Amman zu verlassen. Fest angestellte Reporter mit Augenmaß oder freie Journalisten, die für eine gute Story eher bereit sein könnten, ein Risiko einzugehen - der Deutsche Journalisten-Verband spricht von einer "problematischen Entwicklung". "Fest Angestellte sind über den Arbeitgeber gegen besondere Gefahren bei der Berufsausübung in Krisengebieten versichert, freie Journalisten müssen selbst für ihren Versicherungsschutz sorgen. Und der fällt dann oft nicht so aus, wie er sein sollte", sagte DJV-Sprecher Hendrik Zörner dem Abendblatt. Allerdings schickten die TV-Sender nicht selbst freie Journalisten in Krisengebiete, die Reporter seien oft auf eigene Faust unterwegs und böten dann ihre Dienste an. "Das ist nicht nur Nervenkitzel, sondern freier Wettbewerb. Die Schlacht um erste Bilder und Schlagzeilen wird härter geführt werden als 1991, weil die wirtschaftliche Situation der Medien schlechter geworden ist", so Zörner. Die deutschen Reporter sowie ihre Kollegen von CNN, BBC oder Sky News wohnen alle im Hotel "Palestine" in Bagdad. "Das wissen die amerikanischen und britischen Militärs", sagte Tilgner diese Woche im Frühstücksfernsehen. "Und wir hoffen, dass sie uns nicht angreifen." Auch dem Irak ist noch an der Anwesenheit der Journalisten gelegen. Das ZDF durfte seinen Übertragungswagen vorübergehend nicht vom Innenhof des irakischen Informationsministeriums entfernen. 1991 allerdings wies Bagdad alle Reporter bis auf Peter Arnett von CNN aus. "Für diesen Fall", so erklärte Immo Vogel, Auslandschef des SWR, "hat die ARD in Ländern rund um den Irak Berichterstatter postiert, damit wenigstens aus der Region authentisch berichtet werden kann." Außerdem habe man eine Kooperation mit BBC, CNN und ABC.