Beide Bewerber um das US-Päsidentenamt liegen gleichauf. Sie müssen um jede Stimme kämpfen. Zünglein an der Waage könnte Ohio sein.

Washington. Präsident Barack Obama und sein Herausforderer Mitt Romney haben noch einmal alles gegeben, um bei der Wahl an diesem Dienstag als Sieger durchs Ziel zu gehen. Beide Kandidaten flogen am Wochenende hektisch durchs Land, um letzte Stimmen zu mobilisieren. Denn es bleibt beim Kopf-an-Kopf-Rennen. Eine Umfrage der "Washington Post" und des TV-Senders ABC gab beiden Kandidaten jeweils 48 Prozent der Stimmen. Dagegen dürfte Obama beim Rennen in den alles entscheidenden Swing States die Nase vorn haben. In diesen Wechsel-Staaten haben Republikaner wie Demokraten gute Chancen.

Obama liegt nach Angaben der "Washington Post" und der "New York Times" in den meisten besonders heiß umkämpften Bundesstaaten vorn - allerdings häufig nur sehr knapp. So führe er etwa in Ohio. Ein Sieg in dem Mittelwest-Staat gilt als extrem wichtig, denn in den USA gilt seit Jahrzehnten die Faustregel: Wer in Ohio als Sieger hervorgeht, hat den Wahlsieg praktisch in der Tasche.

Bei seiner Blitztour durch sieben Bundesstaaten machte Obama am Wochenende gleich mehrmals in Ohio Stopp. Beide Kontrahenten zeigten sich demonstrativ optimistisch und kündigten an, bis zur letzten Minute um jede Stimme kämpfen zu wollen. Obama konzentrierte sich bei seinen Auftritten vor allem darauf, seine eigenen Demokraten mitzureißen. "Ich bin noch lange nicht müde", betonte er wiederholt. "Ich habe noch viel Kampflust in mir." Romney richtete seine Botschaft besonders an enttäuschte ehemalige Obama-Wähler. "Der Präsident hat seine Chance gehabt. Er hat sie nicht genutzt."

Hauptthemen waren auch am Wochenende die hohe Arbeitslosigkeit und die nach wie vor flaue US-Konjunktur. Während Obama geltend machte, er habe das Land durch die schwerste Wirtschaftskrise seit über 70 Jahren geführt, unterstrich Romney, der in der freien Wirtschaft ein Millionenvermögen verdiente, seine Wirtschaftskompetenz. Er versprach, in den nächsten vier Jahren zwölf Millionen neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Nach Medienberichten wachsen die Befürchtungen, dass es nach der Abstimmung noch Tage dauern könnte, bis das Endergebnis feststeht. Neben dem befürchteten knappen Ergebnis, das zu Neuauszählungen zwingen könnte, drohen auch die Folgen von Hurrikan "Sandy" die Wahl zu behindern. So dürfte es wegen Ausfällen der Postdienste in besonders hart betroffenen Gebieten zu Verzögerungen bei der Auslieferung von Briefwahl-Stimmen kommen. In zahlreichen Staaten haben die Wähler bereits seit Tagen die Möglichkeit, persönlich ihre Stimme in Wahllokalen abzugeben.

Zugleich deutete sich in den letzten Wahlkampf-Tagen eine Art Rollentausch zwischen den Kandidaten an. Wie Obama vor vier Jahren präsentierte sich Romney als ein Kandidat, der das politisch tief gespaltene Land einen wolle - ein Versprechen, das Obama nicht gehalten habe. "Ich werde Amerika zu einem besseren Ort machen", versprach Romney in West Allis (Wisconsin). "Das ist jetzt nicht die Zeit für Amerika, sich zur Ruhe zu begeben." Es gehe jetzt darum, einen Neubeginn zu wagen. Obama versprach in Springfield (Ohio), dass er im Fall einer zweiten Amtszeit zwar mit den Republikanern im Kongress zusammenarbeiten werde. Aber er machte auch Grenzen klar. Wenn der "Preis von Frieden in Washington" Vereinbarungen bedeute, die etwa Studienhilfen kappten oder Gesundheitsversicherern mehr Macht gebe, "dann ist das ein Preis, den ich nicht zu zahlen gewillt bin".

Wetten auf den Ausgang der Präsidentschaftswahl sind in den USA zwar gesetzlich verboten. Wer trotzdem auf den Sieg von Obama oder Romney setzen will, kann aber ins Internet ausweichen. Die Spielernaturen rechnen eher mit einem Wiedereinzug Obama ins Weiße Haus. Die meisten Online-Wettbüros geben für einen Obama-Sieg eine Quote von gerade mal 1:4. Vier Dollar Einsatz bringen also nur einen Bonus von einem weiteren Dollar, falls auch der nächste Präsident der Vereinigten Staaten Obama heißt. Romneys Quote liegt bei 11:4, ist also schon lukrativer: Vier Dollar Einsatz bringen im Falle eines Romney-Triumphs einen Gewinn von elf Dollar.