Die EU hofft auf den Sturz des syrischen Machthabers und plant die Zeit nach Assad. Die EU verspricht zudem Hilfe für syrische Flüchtlinge.

Brüssel/Nikosia. Sanktionen ohne Ende: Die EU-Außenminister haben zum 16. Mal die Strafmaßnahmen gegen Syrien verschärft. Sie wollen das Regime von Präsident Baschar al-Assad damit von Geld, Waffen und Gütern abschneiden. Der Alptraum Israels, der Gebrauch chemischer Waffen, beschäftigte auch die europäischen Chefdiplomaten. „Die EU ist ernstlich besorgt über den möglichen Einsatz chemischer Waffen in Syrien“, hieß es am Montag im Abschlusspapier.

Gleich zu Beginn ihres Treffens in Brüssel setzten die Minister nach Diplomatenangaben 26 weitere Personen und drei Unternehmen auf die Liste. Darauf stehen nun 155 Personen und 52 Organisationen oder Unternehmen. „Diese Personen tragen maßgebliche Mitverantwortung für das Blutvergießen“, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Link (FDP).

Die syrische Regierung schloss am Montag zwar aus, dass sie Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung einsetzen würde. Für den Fall einer „auswärtigen Aggression“ ließ Damaskus dies aber offen. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sagte, es sei schwer einzuschätzen, welche Chemiewaffen möglicherweise vorhanden seien und was mit ihnen geschehe.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) erklärte dazu in einer Mitteilung: „Mit dem Einsatz von Chemiewaffen zu drohen, ist ungeheuerlich. Damit enthüllt das syrische Regime ein weiteres Mal seine menschenverachtende Denkart.“

Um den Fluss zusätzlicher Waffen in das Land auszudünnen, beschlossen die Minister eine Kontrollpflicht für verdächtige Schiffe oder Flugzeuge mit Ziel Syrien in Europa. Der italienische Außenminister Giulio Terzi fürchtet, islamistische Dschihadisten könnten versuchen, in Syrien Fuß zu fassen.

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Die Minister richten den Blick mittlerweile auch auf die Zeit nach Assad. „Er kämpft ums Überleben“, sagte Link. Der Konflikt fordert immer mehr Tote; in den Metropolen Damaskus und Aleppo gibt es heftige Kämpfe.

Um drei Fragen kreisten die Politiker immer wieder: Was soll mit Assad geschehen? Wie sind die Risiken des Zusammenbruchs einzudämmen, zum Beispiel der Einsatz chemischer Waffen? Und wie ist den Menschen im Land und den Flüchtlingen zu helfen?

Zum Schicksal Assads sagte Link: „Da gab es keine klare Linie.“ Österreichs Ressortchef Michael Spindelegger würde den syrischen Präsidenten gerne vor Gericht sehen. Der Brite William Hague sagte, sein Land helfe bei der Dokumentation von Menschenrechtsvergehen, „damit das syrische Volk eines Tages Gerechtigkeit suchen kann für diese Verbrechen“.

Andere Länder wollen den syrischen Präsidenten jedoch vor allem entmachtet sehen – und würden ihm zur Not ein Hintertürchen aufhalten, damit er das Land verlässt, sagte ein Diplomat.

EU verspricht Hilfe für syrische Flüchtlinge

Die EU hat angesichts der Gewalt in Syrien eine deutliche Erhöhung ihrer Hilfe für Flüchtlinge versprochen. Sowohl die zahlreichen Binnenflüchtlinge als auch die Menschen in den Nachbarländern Syriens bräuchten mehr Unterstützung, erklärten die in Brüssel versammelten EU-Außenminister am Montag. Die EU-Innenminister berieten bei einem informellen Treffen auf Zypern über ein sogenanntes regionales Schutzprogramm. Es soll Staaten wie der Türkei, Jordanien und Libanon helfen, die ankommenden Syrer angemessen zu versorgen.

Die EU-Kommission in Brüssel stockte ihre humanitäre Hilfe von 20 Millionen auf 40 Millionen Euro auf. Das Geld solle für medizinische Nothilfe, Zelte, Nahrungsmittel sowie psychologische Betreuung verwendet werden, erläuterte die zuständige Kommissarin Kristalina Georgiewa. Wegen der unübersichtlichen Lage in und um Syrien sei es allerdings schwierig, die passende Hilfe auf den Weg zu bringen, hieß es aus der Behörde.

Nach Angaben der deutschen Regierung sind bisher mindestens 120.000 Menschen aus Syrien geflohen, die Zahl der Binnenflüchtlinge liegt bei über einer Million. Außen-Staatsminister Michael Link (FDP) verwies in Brüssel darauf, dass Deutschland bereits mehr als acht Millionen Euro Nothilfe bereitgestellt habe. Zudem würden verletzte Syrer in deutschen Krankenhäusern behandelt: Diese medizinische Hilfe sei noch ausbaufähig, unterstrich er.

Eine militärische Intervention zum Zweck der humanitären Hilfe in Syrien sei „kein gangbarer Königsweg“, betonte Link. Er argumentierte mit „der Bevölkerungsdichte, der extremen Verschachtelung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und der Gemengelage vor Ort“. Geprüft würden alle verfügbaren Möglichkeiten, Hilfe nach Syrien zu bringen. „Wir hoffen zunächst einmal, die Flüchtlingsströme im Land halten zu können.“ Wichtig sei in diesem Zusammenhang, mit den von den Oppositionellen kontrollierten Regionen zusammenzuarbeiten.

Die zyprische Innenministerin Eleni Mavrou, deren Land derzeit die EU-Präsidentschaft hält, drängte mit Blick auf die humanitäre Krise zur Eile. Unter den Flüchtlingen seien zahlreiche Kinder, die psychologische Hilfe bräuchten, sagte sie. Die europäischen Regierungen schließen nicht aus, dass auch Flüchtlingsströme nach Europa kommen könnten. Derzeit ist das aber nicht der Fall – Zypern und andere Regierungen bereiten sich im Moment vor allem auf die Evakuierung von Europäern aus der Region vor.

mit Material von dpa und epd