Die Zahl der Flüchtlinge steigt dramatisch. Allein in den vergangenen beiden Tagen sollen sich 30 000 Syrer in den Libanon gerettet haben.

Beirut/Kairo. Kampfhubschrauber kreisen über Damaskus und feuern Raketen ab. Haubitzen schießen von den Anhöhen Granaten, Panzer rasseln durch die Straßen. Mitten im Wohngebiet liefern sich Freischärler in Jeans mit Schnellfeuergewehren und Panzerfäusten heftige Kämpfe mit dem Militär. Seit die syrischen Aufständischen Machthaber Baschar al-Assad ernsthaft in Bedrängnis bringen, sind einige Bezirke der Hauptstadt zur Kampf- und Todeszone geworden.

Die Menschen verschanzen sich in ihren Häusern und Wohnungen - oder wagen die Flucht. Knapp 50 Kilometer sind es von Damaskus bis zur libanesischen Grenze. Allein in den vergangenen beiden Tagen sollen sich 30 000 Syrer in den Nachbarstaat gerettet haben, berichtet die Beiruter Tageszeitung "Daily Star". Noch einmal so viele könnten schon vorher da gewesen sein. Über eine Viertelmillion Syrer dürften seit Beginn der Aufstände vor mehr als 16 Monaten das Land verlassen haben. Rund 140 000 flüchteten sich nach Jordanien, mehr als 40 000 in die Türkei. Rund eine Million der 21 Millionen Syrer sind nach Schätzungen des Uno-Hilfswerks UNHCR Flüchtlinge im eigenen Land.

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Der Krieg in Damaskus ruiniert die Infrastruktur. Bei Sommertemperaturen von 40 Grad fällt der Strom aus, die Wasserversorgung bricht zusammen. "Viele Geschäfte haben geschlossen. Alles ist teurer geworden", stellt Jean-Marie Falzone, Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Beirut, fest. "Es fehlt an Lebensmitteln, Hygieneartikeln, Medikamenten und Milch für Kinder." Für rund 1,5 Millionen Syrer ist die Versorgungslage durch die eskalierenden Kämpfe prekär geworden, schätzt das Rote Kreuz.

Seit Beginn des Konflikts sind in Syrien nach Angaben von Aktivisten mehr als 19 000 Menschen umgekommen. Allein in diesem Monat seien 2752 Menschen getötet worden, teilte die Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Die EU-Außenminister wollen bei ihrem Treffen heute weitere Strafmaßnahmen beschließen. Zwischen 20 und 30 Personen sowie zwei bis drei Firmen oder Organisationen sollten neu auf die Sanktionsliste gesetzt werden, kündigten EU-Diplomaten an. Es ist das 16. Mal, dass die EU die Sanktionen verschärft. Das Geld der syrischen Zentralbank auf europäischen Konten ist eingefroren.