Der preisgekrönte Journalist und Filmemacher Tim Hetherington kam in Libyen ums Leben. Der Brite wurde in Misrata getötet.

London/Washington/Msrata. Neben Großbritannien wollen auch Frankreich und Italien die massiv in Bedrängnis geratenen libyschen Regimegegner mit Militärexperten unterstützen. „Wir werden euch helfen!“, erklärte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy am Mittwoch nach einer Unterredung mit Vertretern des libyschen Übergangsrates in Paris. Eine ähnliche Entscheidung kündigte auch die Regierung in Rom an. Hilfe durch internationale Bodentruppen, die sich die seit Wochen eingekesselten Aufständischen in Misurata wünschen, steht aber weiter nicht zur Debatte.

In der umkämpften libyschen Stadt wurde der Fotograf und oscarnominierte Filmemacher Tim Hetherington getötet. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bestätigte am Abend den Tod des Briten. Hetheringtons US-Kollege Chris Hondros, der deutsche Wurzeln hat, befinde sich in einem kritischen Zustand. „Wir machen uns große, große Sorgen“, sagte Fred Abrahams von der Organisation in New York. Bei einem anderen Verletzten handelt es sich laut „New York Times“ um den Briten Guy Martin.

Die Nato, die am Mittwoch Ziele in der Umgebung von Sirte, der Geburtsstadt des Machthabers Muammar al-Gaddafi bombardierte, mahnte am Abend, Zivilisten sollten sich von den Regierungstruppen fernhalten. Der Kommandeur des internationalen Militäreinsatzes in Libyen, der kanadische General Charles Bouchard, erklärte nach Angaben der Nato in Brüssel, die Angriffe gegen Truppen Gaddafis würden auch in den nächsten Tagen fortgesetzt. Die Vereinten Nationen warnten den Diktator vor Kriegsverbrechen.

Genauere Angaben zum Einsatz und zur Zahl der Offiziere, die nach Libyen entsandt werden, machten weder Sarkozy noch der französische Regierungssprecher François Baroin. Es sollen jedoch weniger als zehn sein. Rom will zehn Experten nach Libyen entsenden, teilte der italienische Verteidigungsminister Ignazio La Russa mit. „Italien und Großbritannien sind sich der Notwendigkeit bewusst, die Rebellen militärisch auszubilden.“ London hatte bereits am Dienstag angekündigt, „erfahrene Militärberater“ nach Bengasi zu schicken. An Kämpfen mit Gaddafis Truppen beteiligten sie sich nicht, hieß es.

Grundsätzlich sollen solche Berater dazu beitragen, dass die libyschen Aufständischen ihre militärischen Aktivitäten besser mit der Nato abstimmen. Darüber hinaus sollen sie die Rebellen in militärischer Kommunikation ausbilden und an Waffensystemen schulen. In der Vergangenheit hatten Missverständnisse dazu geführt, dass die Allianzflugzeuge auch Aufständische bombardierten. Das westliche Bündnis greift seit dem Vormonat die Gaddafi-Truppen an, die die libysche Zivilbevölkerung bedrohen.

Die USA wollen die libysche Opposition jetzt erstmals direkt unterstützen. Wie Außenministerin Hillary Clinton mitteilte, sollen die Regimegegner medizinische Artikel, Uniformen, Schutzausrüstung, Radios und Nahrungsmittel im Wert von 25 Millionen Dollar (17,2 Millionen Euro) erhalten. Vorausgegangen seien wochenlange Beratungen mit dem Übergangsrat in Bengasi über die am dringendsten benötigten Güter. Der Übergangsrat hat auch um Waffenhilfe gebeten, aber die USA haben bisher nicht darüber entschieden.

Die UN warfen Gaddafi einen schmutzigen Krieg vor. „Nach internationalem Recht ist der Beschuss von medizinischen Einrichtungen ein Kriegsverbrechen. Und es ist ein ernster Verstoß gegen das Völkerrecht, rücksichtslos auf Zivilisten zu feuern“, sagte die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navi Pillay. „Der Einsatz von ungenauen Waffen wie Streubomben, Raketenwerfern und Mörsern in dicht bevölkerten Gebieten führt zwangsläufig zu zivilen Opfern.“

Der libysche Übergangsrat – eine Art provisorische Regierung der Regimegegner – sprach sich für den Einsatz ausländischer Truppen zum Schutz der Zivilisten in Misurata aus. Abdelhafizh Ghoga, ein führendes Mitglied des Übergangsrates, sagte am Abend in Bengasi: „Wenn dies nötig ist, um humanitäre Hilfe zu leisten oder sichere Zonen für Zivilisten zu schaffen, so wäre dies auch durch die UN-Resolution 1973 gedeckt.“ Die Rebellen wollten aber nicht, dass diese Truppen mit ihnen an der Front gegen die Soldaten Gaddafis kämpfen.

Im Hafen der Rebellenhochburg Bengasi traf ein griechisches Schiff mit über 1100 Flüchtlingen aus Misurata ein. Die meisten von ihnen sind Arbeiter aus Nigeria, Ghana und anderen afrikanischen Staaten. „Die Situation in Misurata ist schecklich, es ist schwer, sauberes Wasser zu finden, ständig schlagen überall Raketen und Granaten ein“, sagte ein Jordanier. In der seit mehr als sieben Wochen belagerten Stadt Misurata, 210 Kilometer östlich von Tripolis, gingen die Kämpfe unvermindert weiter. Aufständische hielten den Hafen und Teile des Stadtzentrums gegen die besser ausgerüsteten Gaddafi-Truppen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) lehnte den Einsatz von Bodentruppen ab. Dies schließe die Libyen-Resolution der Vereinten Nationen aus, sagte er am Rande eines EU-Treffens mit dem Golfkooperationsrat in Abu Dhabi. Man müsse sich von dem Gedanken trennen, „dass eine schnelle militärische Lösung wahrscheinlich ist“, betonte Westerwelle. „Der politische Prozess wird eine Lösung bringen.“