Der unter dem Verdacht der Vergewaltigung stehende Internet-Rebell Julian Assange darf von England an Schweden ausgeliefert werden.

London. Er spricht von Intrige, die Opfer von Vergewaltigung. Jetzt muss die schwedische Justiz prüfen, was an den Vorwürfen gegen den Internet-Rebellen und WikiLeaks-Gründer Julian Assange wahr ist. Denn der gebürtige Australier Assange darf nun von Großbritannien nach Schweden ausgeliefert werden . Der Oberste Gerichtshof in London gab bekannt, dass zwei vorinstanzliche Entscheidungen zur Auslieferung aufrechterhalten werden.Assange hatte dagegen Berufung eingelegt. Assange, der gegen Kaution von der Untersuchungshaft befreit worden war, mehr als 500 Tage im Hausarrest verbrachte oder eine elektronische Fußfessel trug, kann noch Rechtsmittel gegen den Spruch der obersten Richter einlegen. Dabei geht es jedoch nicht mehr um die Diskussion in der Sache.

Die Richter wiesen mit fünf zu zwei Stimmen die Argumentation Assanges zurück, der Europäische Haftbefehl aus Schweden sei unwirksam, weil er von einem Staatsanwalt und nicht von einem Richter unterschrieben worden sei. Die Rechtsvertreter Schwedens hatten darauf verwiesen, dass die rechtlichen Bestimmungen von Land zu Land unterschiedlich seien. Assange selbst war bei der Verkündung der Entscheidung nicht im Gericht. Er stecke im Stau, hieß es von seinen Rechtsbeiständen.

Vor zwei Jahren hatte Assange für weltweites Aufsehen gesorgt, weil WikiLeaks Tausende geheimer Dokumente unter anderem über die Kriege im Irak und in Afghanistan veröffentlicht hatte. Es war die größte Enthüllung geheimer Dokumente in der Geschichte der USA. Außerdem wurden diplomatische Depeschen enthüllt, in denen die geheime und wenig schmeichelhafte Einschätzung der USA gegenüber hochrangigen ausländischen Politikern veröffentlicht wurde. Assange und die ihm gewogene Internetgemeinde mutmaßen, dass die USA hinter den Ermittlungen in Schweden stecken.

Bei einem Schweden-Aufenthalt hatte Assange unbestritten sexuelle Kontakte mit zwei Kongress-Mitarbeiterinnen. Dabei geht es um die Frage, inwieweit Nötigung oder nach schwedischem Recht sogar Vergewaltigung im Spiel war. Assange hat die Kontakte nicht bestritten. Beide Frauen warfen ihm jedoch vor, gegen ihren Willen beim Sex auf ein Kondom verzichtet zu haben. Er befürchtet, in Schweden keinen fairen Prozess zu erhalten.

Mit seinem Eintreten für die Informationsfreiheit hatte Assange weltweit Anhänger gewonnen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch viele, denen jeder Rückschlag für den Australier Genugtuung bereiten dürfte. Denn WikiLeaks ist mit seinen Gegnern nie zimperlich umgegangen. "Wir haben sie zerquetscht wie ein Insekt", sagte Assange einst in Kalifornien über die Gegenseite in einem Rechtsstreit. Der WikiLeaks-Gründer ist ein Rätsel und ein Spiegel dessen, was Menschen in ihm sehen möchten - wahlweise einen Cyber-Schurken oder eine treibende Kraft für die offene Gesellschaft. Der Mann ohne festen Wohnsitz fürchtet seit Langem gewaltbereite Verfolger. Frühere Mitstreiter haben Julian Assange immer wieder einen autokratischen Führungsstil attestiert.