Bislang wurde Uno-Sitz von der Regierung Gaddafis gehalten. Ministerpräsident Erdogan betet mitten in Tripolis. Wo hält sich Gaddafi versteckt?

Tripolis/Paris/New York. 18.22 Uhr: Die UN-Vollversammlung gibt dem Nationalen Übergangsrat den Sitz Libyens bei den Vereinten Nationen. Bislang wurde dieser noch von der Regierung des früheren Machthabers Muammar al Gaddafi gehalten. Die Vollversammlung stimmte dem Antrag des Rats am Freitag zu.

15.48 Uhr: Die Rebellen Libyen haben den Aufbau eines demokratischen Staates nach dem Muster der Türkei zu ihrem Ziel erklärt. „Wir wollen ein demokratisches, islamisches Land nach dem Vorbild der Türkei werden“, sagte der Chef des Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, bei einem Treffen mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Tripolis. Dschalil dankte der Türkei für wirtschaftliche und medizinische Hilfe während der Revolution.

15.39 Uhr: Der türkische Ministerpräsident Erdogan hat bei einem Besuch in Tripolis öffentlich gebetet. Augenzeugen berichteten, Erdogan habe zusammen mit Mitgliedern des Übergangsrates und einfachen Bürgern auf dem Märtyrerplatz (vormals: Grüner Platz) im Stadtzentrum der Freitagspredigt des Imams Salim al-Scheich gelauscht. Ein libyscher Beobachter meinte, derartige Gesten kämen bei der mehrheitlich islamisch-konservativen Bevölkerung Libyens gut an.

15.15 Uhr: Einheiten der Übergangsregierung sind bei ihrem Sturm auf die Geburtsstadt von Gaddafi, Sirte, auf Scharfschützen und Artilleriefeuer gestoßen. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AP sah Rauch über Teilen der Stadt an der Mittelmeerküste aufsteigen. Nato-Kampfflugzeuge kreisten über der Gaddafi-Hochburg. Die Kontrolle über Sirte zu erlangen wäre ein wichtiger Sieg für die Übergangsregierung. Doch die Gaddafi-loyalen Soldaten in Sirte und Bani Walid, wo die Einheiten des Nationalen Übergangsrats am Freitag eine weitere Offensive starteten, sind besser bewaffnet und ausgebildet als die Truppen des Übergangsrats.

13.10 Uhr: Die Aufständischen haben nach eigenen Angaben bei ihrem Vorstoß auf die Küstenstadt Sirte den Flughafen eingenommen. Mindestens zwölf Rebellen seien bei den Kämpfen um Sirte, die am Vorabend begonnen hatten, getötet worden, berichtete der von den Rebellen unterstützte Fernsehsender Libya Hurra. 59 weitere wurden nach diesen Angaben verletzt.

12.03 Uhr: Die Rebellen sind in die Gaddafi-Hochburg Bani Walid eingedrungen. Die Kämpfer strömten von Norden her mit Dutzenden Lastwagen ins Ortszentrum, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AP sah. Explosionen und Schüsse waren zu hören.

11.46 Uhr: Der türkische Ministerpräsident Tayyip Recep Erdogan ist zu einem Besuch in der libyschen Hauptstadt Tripolis eingetroffen. Erdogan befindet sich auf einer Reise durch die arabische Welt, bei der er den Ländern Hilfe anbieten und seinen Status als Führer in der Region bekräftigen will. Es wurde erwartet, dass er in Libyen über die Wiederaufnahme von Investitionen in das Land diskutiert.

In Libyen stehen Einheiten der Übergangsregierung offenbar kurz vor dem Sturm auf eine der letzten Hochburgen des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi. Die Kommandeure hätten den Befehl gegeben, noch am Freitag von mehreren Seiten in die Stadt Bani Walid einzudringen, sagte einer Rebellen der Nachrichtenagentur Reuters. Die Einheiten befanden sich rund 20 Kilometer nördlich der Stadt. Am Donnerstag hatten Einheiten der Übergangsregierung auch die Heimatstadt Gaddafis gestürmt. In Sirte stießen sie jedoch auf heftigen Widerstand von Gaddafi-Getreuen, wie ein Militärsprecher mitteilte. „Es gab einen koordinierten Vorstoß von Süden, Osten und Westen und von der Küste“, sagte er. „Sie kamen unter schweres Feuer. Insbesondere gibt es ein Problem mit Heckenschützen.“

Die libysche Zeitung „Qurayna al-Jadida“ meldete, bei den Kämpfen in Sirte sei auch der Regierungssprecher des Gaddafi-Regimes, Mussa Ibrahim, getötet worden. Dies wurde jedoch von den Rebellen zunächst nicht offiziell bestätigt. Ibrahim hatte sich in den vergangenen Tagen mehrfach mit Durchhalteparolen zu Wort gemeldet. Er hatte erklärt, Gaddafi sei bei bester Gesundheit und bereite die Rückeroberung Libyens vor.

Der Sprecher, der für die Rebellen aus der Stadt Misrata sprach, erklärte, an der Operation in Sirte seien auf ihrer Seite 5000 Kämpfer beteiligt. Diese seien von mehreren Seiten in die Stadt vorgedrungen und hätten sich anschließend aus taktischen Gründen wieder zurückgezogen.

Die Aufständischen hatten die Einwohner der noch von den Gaddafi-Truppen kontrollierten Städte Sirte und Bani Walid zuerst aufgefordert, die Waffen niederzulegen, um eine friedliche Übergabe der Stadt an den Übergangsrat zu garantieren. Diese Verhandlungen führten jedoch zu keinem Ergebnis. Auch die Stadt Sebha im Süden Libyens ist noch nicht unter der Kontrolle des Übergangsrates.

Die Nato wird voraussichtlich binnen drei Monaten ihren Libyen-Einsatz beenden und dem Übergangsrat in Tripolis weitgehend freie Hand bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung lassen. Das geht laut „Süddeutscher Zeitung“ aus dem Resolutionsentwurf für den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hervor, der von Großbritannien geschrieben und eingebracht wird und noch am Freitag verabschiedet werden soll. Dem Entwurf zufolge solle der Uno erlaubt werden, 50 bis 200 zivile Berater in das Land zu schicken, schrieb das Blatt. Sie sollten vor allem die Behörden beraten und beim Aufbau des Rechtssystems helfen.

Das Embargo gegen Libyen solle aufgehoben werden, womit auch wieder Waffenlieferungen erlaubt wären. Die von der Nato durchgesetzte Flugverbotszone solle aufgehoben werden – zumindest für Flugzeuge, deren Ziel und Beladung bekannt sind. Vorgesehen sei auch, das im Ausland eingefrorene Vermögen der libyschen Regierung Zug um Zug freizugeben.

Die Schweizer Regierung hat nach eigenen Angaben von den Vereinten Nationen die Erlaubnis erhalten, libysches Vermögen im Umfang von 350 Millionen Franken (290 Millionen Euro) freizugeben. Die Schweiz sei Anfang dieser Woche vom Uno-Sanktionskomitee über die Entscheidung informiert worden, erklärte die Regierung. Das Geld soll für humanitäre Zwecke der libyschen Bevölkerung verwendet werden, wie Außenamtssprecher Adrian Sollberger sagte. Welche Organisationen es erhalten, sei noch nicht entschieden.

Das blockierte Vermögen war dem Clan des untergetauchten Machthabers Gaddafi zugeordnet worden. Weitere 300 Millionen Franken bleiben weiter in der Schweiz eingefroren. (rtr/dpa/dapd/abendblatt.de)