Ab durch die Wüste: Libyens untergetauchter Despot Gaddafi soll sich abgesetzt haben. Sein Sicherheitschef angeblich in Niger.

Tripolis/Berlin. 15.53 Uhr: Der Sicherheitschef des früheren libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi ist nach Angaben eines Zollbeamten in Niamey, der Hauptstadt des Niger, angekommen. Mansur Dao sei in einem Konvoi gewesen, der am Dienstagmorgen die Stadt erreicht habe, sagte der Beamte, Haruna Ide. Weitere libysche Konvois seien südlich der Stadt Agadez in der Mitte des Niger. Ein Augenzeuge hatte zuvor berichtet, dass ein großer Konvoi mit gaddafitreuen Soldaten und Tuareg-Kämpfern Agadez am Morgen in Richtung Niamey verlassen habe.

12.11 Uhr: Die Nato will nicht zu Spekulationen Stellung nehmen, wonach der untergetauchte Muammar al-Gaddafi möglicherweise mit einem großen Fahrzeugkonvoi nach Niger geflohen ist. Die Verfolgung von Mitgliedern des früheren libyschen Regimes sei keine Aufgabe der Nato, sagte ein Nato-Militärsprecher. „Unser Auftrag ist es, die Zivilbevölkerung in Libyen zu beschützen – nicht, Tausende von flüchtenden früheren Regimegrößen, Söldnern, Offizieren und innerhalb des Landes vertriebenen Personen zu verfolgen oder zum Ziel zu machen“, sagte Militärsprecher Oberst Roland Lavoie auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa.

11.13 Uhr: Im westafrikanischen Staat Burkina Faso wird Gaddafi entgegen anders lautender Berichte nicht erwartet. Ein Informant aus der Umgebung des Präsidenten sagte, ihm sei keine Vereinbarung bekannt, nach der Gaddafi in Burkina Faso aufgenommen werden solle. Entsprechende Berichte seien nicht wahr.

Ein großer libyscher Militärkonvoi ist nach Medienberichten im südlichen Nachbarland Niger eingetroffen. Die Fahrzeuge hätten am Dienstag die Stadt Agadez erreicht, berichtete der Fernsehsender al-Arabija unter Berufung auf Militärquellen. Es habe sich um einen „großen Konvoi mit 200 Fahrzeugen“ gehandelt. Arabische Sender spekulierten, dass der bisherige Machthaber Muammar al-Gaddafi mit dem Konvoi sein Land verlassen haben könnte. Diverse Medien stellten die Vermutung auf, dass Gaddafi über Niger versuchen könnte, Burkina Faso zu erreichen. Das westafrikanische Land grenzt an Niger und hatte dem abgesetzten Staatschef Asyl angeboten.

Nach den Worten seines Sprechers Mussa Ibrahim ist Gaddafi noch in Libyen. Ibrahim sagte nach Angaben des arabischen Nachrichtensenders al-Dschasira in der Nacht zum Dienstag einer TV-Station in Syrien, dem 69-Jährigen gehen es gesundheitlich ausgezeichnet, und er sei guter Stimmung. Gaddafi-Sohn Saif al-Islam sei auch in Libyen und wechsle seinen Aufenthaltsort häufig, sagte Ibrahim.

Nach tagelangen Verhandlungen fällt offenbar eine der letzten Gaddafi-Hochburgen kampflos an die Übergangsregierung. Al-Dschasira berichtete am Dienstag unter Berufung auf Rebellenkreise, die Einheiten des Übergangsrates würden im Laufe des Tages in die Wüstenstadt Bani Walid einrücken. Dies sei das Ergebnis von Gesprächen. Weitere Einzelheiten wurden zunächst nicht genannt. Nach dem sechsmonatigen Bürgerkrieg halten Gaddafis Truppen nur noch wenige Städte.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist nach Angaben des SPD-Bundestagsabgeordneten Fritz-Rudolf Körper nicht an den Aktivitäten westlicher Geheimdienste in Libyen beteiligt gewesen. Körper sagte im Deutschlandfunk, der BND habe nicht mit britischen oder amerikanischen Diensten in Libyen bei der Terrorabwehr zusammengearbeitet. Eine Koopration habe es lediglich bei bestimmten Entführungsfällen gegeben, „da ging es um den Schutz deutscher Staatsbürger“.

Körper will als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags einen Bericht über die Zusammenarbeit westlicher Geheimdienste mit Libyen anfordern. Nach Ansicht des SPD-Politikers haben die Geheimdienste zur Entwicklung in Nordafrika „eher zu wenig“ Informationen gehabt. Der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Neskovic (Linke) sagte im Deutschlandradio Kultur, das Kontrollgremium werde an diesem Mittwoch zusammentreten und der Bundesregierung kritische Fragen stellen.

Er gehe davon aus, dass die Regierung ein Interesse daran habe, die Ergebnisse anschließend öffentlich mitzuteilen. Neskovic sagte, der frühere Geheimdienstkoordinator der Kohl-Regierung, Bernd Schmidbauer, sei bei seinen jüngsten Äußerungen zur damaligen Zusammenarbeit mit dem libyschen Geheimdienst den Beweis schuldig geblieben, welche terroristischen Aktionen dadurch verhindert worden seien. (abendblatt.de/dpa/dapd/rtr)