PARIS. Ein Besuch im Élysee-Palast, mit dem Boot über die Seine schippern, Shopping-Tour mit der 400 Mann starken Entourage, ein Abstecher zur Venus von Milo und der Mona Lisa in den Louvre: "Fünf Tage Paris" kann der Titel einer wunderbaren Kurzreise sein. Für den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi war der erste Paris-Trip seit 34 Jahren eine Demonstration von Großmannssucht und Selbstdarstellung.

Zweifellos hatte er Geschenke im Gepäck, auf die Frankreich und sein Präsident Nicolas Sarkozy begierig schielten: Verträge und Vorvereinbarungen im Wert von zehn Milliarden Euro. Atomreaktoren, Airbus-Jets, Kampfflugzeuge und Militärausrüstung soll Frankreich den Nordafrikanern bereitstellen. Doch das Thema Menschenrechte lastete wie ein Albtraum über jedem Schritt, den Gaddafi in der französischen Hauptstadt lustwandelte.

Außenminister Bernard Kouchner war einem Empfang ferngeblieben. "Termingründe" nennt man in der Diplomatensprache die abgrundtiefe Abneigung, die Kouchner als ehemaliger Mitbegründer der Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" für Gaddafi empfindet. "Wenn er uns nicht sehen will, dann wollen wir ihn auch nicht sehen", sagte der libysche Außenminister Abdel Rahman Shalgham.

Ohne Rücksicht auf Loyalität gegenüber ihrem Chef Sarkozy polterte die Staatssekretärin für Menschenrechte, Rama Yade, gegen den Besuch. "Frankreich ist nicht nur eine Handelsbilanz", sagte sie. Gaddafi ließ am Freitag seinen Außenminister Shalgham zurückkeilen. "Niemand kann sich erlauben, Libyen in Sachen Menschenrechte Lektionen zu erteilen. Libyen setzt sich in zahlreichen Ländern für den Frieden ein." Und Folter gebe es in dem nordafrikanischen Land nicht.

Sarkozy behauptete, mit Gaddafi über Menschenrechte gesprochen zu haben. Gaddafi sagte, darüber sei nicht geredet worden. Welche Termine Gaddafi außer den Begegnungen mit Sarkozy hatte - die französische Regierung war nicht genau im Bilde. Mit Einkaufstaschen namhafter Ausstatter waren Gaddafi-Begleiterinnen und Begleiter aus dem ölreichen Libyen in den üblich verdächtigen Pariser Vierteln gesehen worden. Gaddafi bilanzierte seine Paris-Visite so: Nach diesem Staatsbesuch reise er künftig, wohin er wolle, "wann ich will, sogar in die USA".