Der Bundesaußenminister lobt die UN für die neue Libyen-Resolution. Gaddafis Sprecher Ibrahim erhebt schwere Vorwürfe gegen die Nato.

Tripolis/Berlin/Tunis. Die Bundesregierung hat die neue Libyen-Resolution des UN-Sicherheitsrats gelobt und dem Land Hilfe beim wirtschaftlichen und sozialen Wiederaufbau zugesichert. Außenminister Guido Westerwelle erklärte am Sonnabend in Berlin, es sei richtig, dass die UN mit einer neuen, zivilen Mission eine Schlüsselrolle auf dem Weg zu einem demokratischen und rechtsstaatlichen Libyen übernähmen.

Westerwelle lobte zudem die zielgenaue Aufhebung von Wirtschaftssanktionen. Er versicherte, Deutschland sei Partner des neuen Libyen und werde es nach Kräften unterstützen.

Die Resolution sieht eine Unterstützungsmission (UNSMIL) für zunächst drei Monate vor, die den Übergangsrat beim demokratischen Übergangsprozess, beim Wiederaufbau und in Sicherheitsfragen beraten soll. Die Vollversammlung hatte am Freitag zudem den libyschen UN-Sitz dem Übergangsrat zugesprochen.

Truppen sammeln sich vor Gaddafi-Hochburgen neu

Unterdessen haben sich die Truppen des libyschen Übergangsrats am Sonnabend vor den Gaddafi-Hochburgen Sirte und Bani Walid neu gesammelt. Anzeichen für unmittelbar bevorstehende neue Angriffe gebe es jedoch keine, berichteten BBC-Reporter aus den Frontgebieten. Am Vortag waren die Aufständischen bei ihrem Vormarsch auf Sirte und Bani Walid auf unerwartet heftigen Widerstand der Getreuen des früheren Machthabers Muammar al-Gaddafi gestoßen.

Die Website Al-Manara meldete am Sonnabend, Mohammed Ibrahim, ein Bruder von Gaddafis Regierungssprecher Mussa Ibrahim, sei bei Kämpfen östlich von Tripolis von den Truppen des Übergangsrates gefangen genommen worden. Er sei schwer verletzt und werde in einem Krankenhaus in der Stadt Misrata behandelt. Möglicherweise war der Verletzte mit seinem Bruder verwechselt worden, nach dem gesucht wird. Am Vortag hatte eine Zeitung des Übergangsrats berichtet, Mussa Ibrahim, der noch vor Tagen im Auftrag des verschwundenen Machthabers Muammar al-Gaddafi Durchhalteparolen veröffentlicht hatte, sei in Sirte getötet worden.

Selbiger Ibrahim telefonierte jedoch am Sonnabend mit der Nachrichtenagentur Reuters und erhob dabei schwere Vorwürfe gegen die Nato: Bei Luftangriffen des westlichen Militärbündnisses in Gaddafis Geburtsstadt Sirte seien Wohnhäuser getroffen und 354 Menschen getötet worden, sagte Mussa Ibrahim. Insgesamt seien durch das Nato-Bombardement Sirtes binnen 17 Tagen mehr als 2000 Menschen ums Leben gekommen. Gaddafis Anhänger seien ausreichend bewaffnet und in der Lage, den Kampf monatelang fortzusetzen. Gaddafi selbst halte sich in Libyen auf und habe in dem Kampf gegen die Übergangsregierung das Oberkommando. Die Angaben konnten zunächst nicht überprüft werden.

Die aus der Rebellenbewegung hervorgegangene Übergangsregierung ist im Ringen um die Kontrolle Sirtes auf heftigen Widerstand der Gaddafi-Getreuen gestoßen. In der Wüstenstadt Bani Walid, eine andere verbliebene Gaddafi-Hochburg, wurden sie am Freitag unter Raketenbeschuss zum Rückzug gezwungen. (rtr/dapd/abendblatt.de)