Militärbündnis weist die Anschuldigungen Mussa Ibrahims zurück. Libysche Rebellen ringen um letzte Hochburgen Gaddafis in Bani Walid und Sirte.

Bani Walid/Sirte. Knapp vier Wochen nach der Einnahme der libyschen Hauptstadt Tripolis dauern die Kämpfe um die letzten Gaddafi-Bastionen an. Am Sonntag scheiterten die Kräfte des Nationalen Übergangsrats (NTC) zunächst mit einem neuen Anlauf, den Wüstenort Bani Walid zu stürmen. Auch in der Geburtsstadt des langjährigen Herrschers Muammar al-Gaddafi, Sirte, kam es zu heftigen Schusswechseln zwischen den verfeindeten Lagern. Ein Sprecher Gaddafis erklärte am Sonnabend, der 69-Jährige sei weiterhin in Libyen und kommandiere den Widerstand. Seit dem Fall Tripolis' am 23. August kursieren Gerüchte, Gaddafi halte sich in der Küstenstadt Sirte, in Bani Walid oder in seiner dritten verbliebenen Hochburg Sabha im Süden des Landes auf.

Die Kräfte der Übergangsregierung sind in den vergangenen Tagen wiederholt damit gescheitert, die Gaddafi-Bastion Bani Walid einzunehmen. Dort wurden NTC-Stellungen am Sonntag von Explosionen und Maschinengewehrsalven erschüttert. NTC-Kräfte erwiderten das Feuer, während Koranverse aus einem Fahrzeug die Moral der Kämpfer stärken sollten. Die aus der Rebellenbewegung hervorgegangenen NTC-Truppen haben mit mangelnder Organisation in ihren eigenen Reihen zu kämpfen. "Es ist zwar nicht das reine Chaos“, sagte ein 50-jähriger Soldat, der von der Gaddafi-Truppe übergelaufen war. "Aber viele unserer Kämpfer haben keine Erfahrung, deshalb ist es nicht so einfach.“

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In Sirte lieferten sich die NTC-Kräfte Schusswechsel mit Gaddafi-Anhängern, die sich einem Konferenzzentrum verschanzt hielten. "Die Situation ist sehr, sehr gefährlich“, sagte ein NTC-Kämpfer, während Raketen durch die Luft flogen und aus der Stadt schwarzer Rauch aufstieg. "Hier gibt es so viele Heckenschützen und Waffen aller Art.“ Zahlreiche Bewohner flohen aus dem Ort, wo ihren Angaben zufolge immer wieder die Strom- und Wasserversorgung zusammenbricht. Zudem versetzten Patrouillen der Gaddafi-Soldaten die Einwohner in Angst und Schrecken. "Die Lage ist sehr schlimm“, sagte ein 33-Jähriger, dessen Auto an einem Kontrollpunkt von NTC-Kräften durchsucht wurde.

Gaddafi-Sprecher: 2000 Tote bei Nato-Angriffen in 17 Tagen

Gaddafis Anhänger seien ausreichend bewaffnet und in der Lage, den Kampf monatelang fortzusetzen, sagte der Gaddafi-Sprecher Mussa Ibrahim am Sonnabend der Nachrichtenagentur Reuters per Telefon. Er hielt sich nach eigenen Angaben in der Umgebung von Sirte auf. Durch das Nato-Bombardement der Stadt seien binnen 17 Tagen insgesamt mehr als 2000 Menschen ums Leben gekommen. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden, da die Küstenstadt weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten ist. Die Nato erklärte, sie kenne die Anschuldigungen. "Es ist nicht das erste Mal, dass solche Vorwürfe erhoben werden“, sagte Nato-Sprecher Roland Lavoie. "Meistens haben sie sich als unbegründet oder nicht schlüssig erwiesen.“

Gleichzeitig mit den Rückschlägen innerhalb Libyens stärkten die Vereinten Nationen (UN) der Übergangsregierung den Rücken. Die UN-Vollversammlung bestätigte die Vertreter der Übergangsregierung als Gesandte und erkannten den damit den NTC faktisch an. Der UN-Sicherheitsrat lockerte zudem die gegen das Land verhängten Sanktionen. Der Sicherheitsrat gab zudem grünes Licht für eine UN-Vertretung in Libyen, die den Wiederaufbau unterstützen soll. Bundesaußenminister Guido Westerwelle begrüßte den Schritt als wichtiges Zeichen der Unterstützung. Es sei richtig, dass die UN mit der Entsendung einer zivilen Mission eine Schlüsselrolle auf dem Weg zu einem demokratischen und rechtsstaatlichen Libyen übernehme.