Der Westen diskutiert die Bewaffnung der Rebellen und fordert Gaddafis Rücktritt. Ein französischer Airbus landet mit Hilfsgütern in Bengasi.

Tripolis/Berlin/Doha. Beim Treffen der Libyen-Kontaktgruppe in Doha sind Rufe nach einer Bewaffnung der Aufständischen laut geworden. Und die versammelten Minister und Diplomaten machten klar: Sie bestehen auf einem Rücktritt von Machthaber Muammar al-Gaddafi. Das geht aus der Abschlusserklärung hervor. Neben Italien sprach sich auch das Emirat Katar dafür aus, den Rebellen eine Bewaffnung zu ermöglichen. Der deutsche Guido Westerwelle (FDP) bekräftigte bei dem Treffen in Katar die Bereitschaft Deutschlands, humanitäre Hilfe zu unterstützen.

An dem Treffen nahmen auch der britische Außenminister William Hague, der französische Außenminister Alain Juppé, Vertreter der Arabischen Liga und der Vereinigten Arabischen Emirate teil. Das Land ist neben dem Gastgeber Katar der einzige arabische Staat, der sich an dem Militäreinsatz in Libyen beteiligt. Hague appellierte an die Teilnehmer, den Druck auf Muammar al-Gaddafi durch das konsequente Durchsetzen von Sanktionen und die Umsetzung der Uno-Resolution 1973 zu erhöhen. Mit der Resolution hatte der Sicherheitsrat Mitte März den Weg freigemacht für einen internationalen Militäreinsatz im libyschen Luftraum. Deutschland hatte sich bei der Abstimmung über die Resolution enthalten.

Auch Westerwelle bekräftigte, Gaddafi habe „jegliche Legitimität“ verloren, für das eigene Volk zu sprechen. Er äußerte sich nicht zu den Forderungen Frankreichs und Großbritanniens nach einer Verstärkung des Militäreinsatzes in Libyen. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte, er hoffe, dass das Treffen in Doha eine politische Lösung für den Konflikt in Libyen erleichtern werde. „Offensichtlich gibt es keine militärische Lösung, deshalb müssen wir den politischen Prozess anstoßen“, sagte er.

Die Nato hat nach Angaben eines Generals mit den Vorplanungen für den Einsatz von Bodentruppen in Libyen begonnen. Bodentruppen könnten notwendig werden, um humanitäre Hilfslieferungen in Libyen militärisch abzusichern, sagte der Chef des Stabes im militärischen Nato-Hauptquartier, General Manfred Lange, in einem Interview mit Deutsche Welle TV. „Die Vereinten Nationen haben sich derzeit noch nicht an uns gewandt, auch nicht an die Europäische Union. Aber für den Fall, dass dies kommt, müssen wir dies vorbereiten, und wir werden auch darauf vorbereitet sein.“

In einem außergewöhnlichen Schritt weist Deutschland fünf libysche Diplomaten aus. Die Betroffenen hätten Druck auf libysche Staatsangehörige in Deutschland ausgeübt, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Andreas Peschke. Die Ausweisung beziehe sich auch auf die Familienangehörigen der Diplomaten. Der libysche Botschafter Jamal Ali Omar al-Baraq war zuvor ins Auswärtige Amt einbestellt worden. Dabei sei ihm mitgeteilt worden, dass die Betroffenen innerhalb von sieben Tagen das Land verlassen müssten. Ihm sei „in der jüngeren Vergangenheit kein vergleichbarer Fall bekannt“, in dem eine so große Gruppe von Diplomaten ausgewiesen worden sei, sagte Peschke. Er hob hervor, dass sich die Ausweisung „rein an fachlichen und diplomatischen Kriterien“ orientiere. Es gebe „hinreichende Anhaltspunkte“ dafür, dass sich die Betroffenen „regelwidrig“ verhalten hätten.

Nach Informationen des Magazins „Focus“ vom vergangenen Wochenende sollen die Diplomaten libysche Dissidenten ausgespäht und unter Druck gesetzt haben. Das Bundeskriminalamt, das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst hätten dazu ein dreiseitiges Dossier erstellt, das im Kanzleramt erörtert worden sei.

Das AA berief sich auf das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen. Danach kann ein „Empfangsstaat“ Diplomaten eines „Entsendestaats“ jederzeit ohne Angabe von Gründen zur „persona non grata“ (unerwünschte Person) erklären. Ausweisungen von Diplomaten sind aber äußerst selten. „Das ist in der Tat das letzte Mittel“, sagte Peschke.

Unterdessen ist ein französischer Hilfsflug in der Rebellen-Hochburg Bengasi gelandet. Nach Angaben des Außenministeriums in Paris wurde damit einer Bitte der libyschen Übergangsregierung entsprochen. Die vom Flugzeughersteller Airbus bereitgestellte Langstreckenmaschine vom Typ A340 sei in Paris mit neun Tonnen medizinischer Ausrüstung an Bord gestartet. Zudem hätte der Flieger auch Material für diverse Hilfsorganisationen geladen, unter anderem für die Organisation Ärzte ohne Grenzen.

Gaddafis Truppen haben nach Augenzeugenberichten erneut die Rebellenstadt Misrata angegriffen. Es habe wieder Beschuss gegeben, berichtete ein Einwohner der belagerten Stadt der Nachrichtenagentur dpa am Telefon. Dabei seien erneut Menschen verletzt worden. Ein Sprecher der Rebellen sagte in Bengasi, bei den jüngsten Nato-Angriffen sei nahe Misrata ein Panzer zerstört worden. Die Aufständischen befürchten, dass die Regierung eine entscheidende Offensive plane, um die Stadt unter ihre Kontrolle zu bringen. Das von Rebellen beherrschte Misrata östlich der Hauptstadt Tripolis wird seit Wochen von Gaddafi-treuen Truppen belagert. Es gibt weder Strom noch frisches Trinkwasser. (dpa/rtr/dapd/AFP)