Die Sparpläne zugunsten von Groß-Events sind vorerst gestoppt. Senatorin Karin von Welck gerät zunehmend in Erklärungsnot.

Hamburg. Es war eine der kürzesten Sitzungen des Sportausschusses der Bürgerschaft. Nach zehn Minuten setzten die Abgeordneten im Raum 186 des Rathauses die Beschlussfassung über den einzigen Tagesordnungspunkt aus. Dessen Inhalt hatte in den vergangenen Tagen bei Vereinen, Verbänden, Eltern und Sporttreibenden zu heftigen Diskussionen geführt und einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Der Senat wollte 600.000 Euro aus dem Haushaltstitel "Bau und Instandsetzung von Sportstätten" für die Unterstützung des Deutschen Galopp-Derbys in Horn (400.000 Euro) und des Tennisturniers am Rothenbaum (200.000 Euro) umwidmen. Die dringend notwendige Sanierung von Sportanlagen hätte dann in verschiedenen Fällen um mindestens ein Jahr verschoben werden müssen, einige Projekte wären am Ende wohl auf der Strecke geblieben. Der Niendorfer TSV, einer der betroffenen Klubs, dachte bereits über einen Aufnahmestopp für Kinder und Jugendliche nach, weil entsprechende Übungsflächen nicht zur Verfügung gestanden hätten (das Abendblatt berichtete). Nun haben die sportpolitischen Sprecher der CDU- und GAL-Fraktion diese Pläne erst einmal gestoppt. "Wir werden neu beraten", sagten Horst Becker (GAL) und Wolfhard Ploog (CDU).

"Die Frage lautet zunächst, ob wir die Großveranstaltungen überhaupt unterstützen wollen", sagte Ploog vor dem Ausschuss, "und dann müssen wir klären, woher das Geld dafür kommt." Die Gesamtkosten für das Derby belaufen sich nach den Berechnungen der Veranstalter auf rund 3,8 Millionen Euro, für die German Open auf rund 3,2 Millionen Euro. Ohne die finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand stehen beide Events auf der Kippe - denn trotz des weltweiten Renommees und zahlreicher Zuschauer haben sie mit Defiziten zu kämpfen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich Sponsoren wegen der Wirtschaftskrise deutlich zurückhaltender engagieren.

"Natürlich werden wir Sportgroßveranstaltungen weiter unterstützen, wenn deren Durchführung gefährdet ist und deren Bestand im Interesse Hamburgs liegt", sagte Becker. Aber dieses dürfe nie auf Kosten des Breitensports geschehen. "Die überfällige Sanierung der Hamburger Sportstätten muss wie geplant durchgeführt werden. Das haben wir gemeinsam beschlossen, und da wollen wir auch keine Abstriche machen", sagte Becker. Den gesamten Bedarf für die Sanierungen schätzen die Sportvereine und Bezirke auf rund 32 Millionen Euro. Aus welchem Topf das Geld für die Events nach dem Stopp der bisherigen Pläne jedoch kommen soll, blieb bei der gestrigen Ausschuss-Sitzung offen. Bei der nächsten Sitzung am 17. Juni soll darüber beraten werden. Eigentlich hätte der Senatsantrag schon am Monatsanfang die Bürgerschaft passieren sollen.

Für den Präsidenten des Hamburger Sportbundes (HSB), Günter Ploß, ist der ursprüngliche Plan noch nicht endgültig vom Tisch. Zwar wertet er das Umdenken von CDU und GAL "als Etappensieg", dennoch sei fraglich, "woher jetzt die Gelder für Tennis und Galopp kommen sollen." Auch für Juliane Timmermann ist das Thema nicht abgeschlossen. "Tennis und Galopp werden seit Jahren mit Geldern der Stadt unterstützt. Warum diese Mittel für die Veranstaltungen im Juli im Haushalt 2010 nicht vorgesehen waren, muss uns Sportsenatorin Karin von Welck erklären", sagte die sportpolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion. Sie habe den Verdacht, dass die parteilose Senatorin, die neben dem Sport noch für Kultur und Medien zuständig ist, völlig überfordert sei. Noch weiter geht der Vorsitzende des Sportausschusses, Jan Balcke (SPD). "Frau von Welck scheint ihren Laden nicht mehr im Griff zu haben", sagte er mit Blick auf die Abkehr von CDU und GAL von den ursprünglichen Plänen. Die Kommunikation zwischen den Fraktionen und der Behörde scheine nicht zu funktionieren. "Die Frage ist jetzt, ob Frau von Welck noch auf ihrem Posten haltbar ist."