Ein Papier des rheinland-pfälzischen Rechnungshofs setzt die Mainzer CDU-Fraktion und Hamburgs Finanzsenator Carsten Frigge unter Druck.

Hamburg. Sie hätten es wissen können: Wer einen Blick in den Bericht des Landesrechnungshofs Rheinland-Pfalz vom 16. April dieses Jahres zum Finanzgebaren der dortigen CDU-Landtagsfraktion wirft, für den kommen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) nicht überraschend. Die Prüfer des Rechnungshofs fassen als Ergebnis ihrer Untersuchungen zusammen, dass die Fraktion 2005 "Geldleistungen von insgesamt 385 918,40 Euro nicht bestimmungsgemäß verwendet" hat. Das ist genau jener Betrag, den die Düsseldorfer Beratungsfirma C 4 Consulting, deren geschäftsführender Gesellschafter Frigge damals war, von der CDU-Fraktion aus Mainz erhalten hat.

Wie berichtet, war die Staatsanwaltschaft Mainz am Mittwochmorgen in Frigges Privatwohnung im Stadtteil Rotherbaum zur Hausdurchsuchung angerückt und hatte Dateien sowie weitere schriftliche Unterlagen sichergestellt. Die Anklagebehörde ermittelt gegen den Senator wegen des Verdachts der Beihilfe zur Untreue. Der Vorwurf: Frigges Tätigkeit für die Fraktion, für die er 386 918,40 Euro kassierte, habe in Wahrheit dem Wahlkampf des CDU-Landesverbandes gedient. Das wäre verdeckte und illegale Parteienfinanzierung. CDU-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl im März 2006 war der damalige Fraktions- und Landeschef Christoph Böhr, dessen Wohnung in Trier die Mainzer Staatsanwaltschaft am Mittwoch ebenfalls durchsucht hat. Der Fall weist schon jetzt eine Reihe von Merkwürdigkeiten auf.

Obwohl die Fraktion einen sechsstelligen Betrag an Frigge und seine C 4-Agentur überwiesen hat, gibt es außer den Rechnungen kein Material, aus dem sich erkennen lässt, worin genau die Arbeit Frigges bestanden hat. "Eine Konkretisierung dieser Leistungen, zum Beispiel durch eine Dokumentation von Beratungsergebnissen, durch schriftliche Konzepte fehlt", moniert der Rechnungshof.

Frigge bestätigte das in einem Gespräch mit Journalisten am Tag der Hausdurchsuchung. Er will eine CD-Rom mit einer Dokumentation seiner Arbeit im April 2006 Böhr und dem damaligen Fraktionsgeschäftsführer Markus Hebgen in der Wiesbadener Gaststätte "Bastion von Schönborn" übergeben haben. Die CD-Rom ist heute unauffindbar. Böhr und Hebgen behaupten, der jeweils andere habe den Datenträger. Frigges Problem: Er kann nicht beweisen, dass er nur für die Fraktion tätig war. Ausgesprochen merkwürdig angesichts des hohen Geldbetrags ist auch, dass lediglich ein mündlicher Vertrag zwischen Böhr und Frigge abgeschlossen wurde. Da Böhr als Partei- und Fraktionschef in einer Doppelrolle war, war zunächst unklar, ob Frigge im Auftrag der Partei oder der Fraktion tätig wurde. "Die Angaben zum Auftraggeber des Konzepts und zur Höhe des Honorars sind widersprüchlich", heißt es im Rechnungshof-Bericht lapidar. Frigge bezeichnete die mündliche Vereinbarung in so einem Fall zwar als "ungewöhnlich", aber auch als gelegentliche Praxis.

Partei und Fraktion der rheinland-pfälzischen CDU haben dem Rechnungshof mitgeteilt, dass eine Arbeitsteilung zwischen beiden vereinbart war. Die Partei sollte die Kosten für die Wahlkampf-Kampagne einer Werbeagentur übernehmen, während die Fraktion "Leistungen im Rahmen der konzeptionellen Entwicklung parlamentarischer Initiativen" finanzierte. Das waren die 385 918, 40 Euro, die Frigge erhielt. Der Senator bestätigte gegenüber dem Abendblatt am Mittwoch die Aufteilung zwischen seiner Firma und der Agentur.

Doch der Rechnungshof folgt dieser Lesart nicht. "Eine strikte Trennung zwischen Leistungen der Beratungsfirma 1 (Frigges C 4, die Red.) an die Fraktion und Leistungen der Beratungsfirma 2 an den Landesverband fand offensichtlich auch in der Folgezeit nicht statt", schreiben die obersten Finanzprüfer. Schlimmer noch: "Der Rechnungshof geht nach Auswertung aller ihm zugänglich gemachten Informationen davon aus, dass die Fraktion sich als (Mit-)Auftraggeberin mit 59 912 Euro an den Kosten für das Konzept Wahlsieg 2006 CDU Rheinland-Pfalz beteiligt hat." Das ist illegale Parteienfinanzierung. Die Hamburger SPD will mit mehreren Kleinen Anfragen nachhaken. Frigge geht nach wie vor davon aus, nur für die Fraktion gearbeitet zu haben. "Ich bin mir keiner Schuld bewusst", sagt der Senator. Aber er fügt auch hinzu: "Mir hätte als Berater völlig gleichgültig sein können, woher das Geld kommt." Das sieht die Staatsanwaltschaft nun möglicherweise völlig anders.