In Kommentaren von Thomas Straubhaar und Michael Göring wurde in den vergangenen Tagen im Hamburger Abendblatt die Frage gestellt, ob die Universität nicht eher neue Strukturen als neue Personen an der Spitze bräuchte.

Hamburg. In Kommentaren von Thomas Straubhaar und Michael Göring wurde in den vergangenen Tagen im Hamburger Abendblatt die Frage gestellt, ob die Universität nicht eher neue Strukturen als neue Personen an der Spitze bräuchte. Die Universität wurde, einmal wieder, als träger Tanker bezeichnet und den schnellen Yachten einzelner Schulen (schools) nach amerikanischem Beispiel gegenübergestellt.

Es ist immer gut zu fragen, ob bestehende Strukturen noch geeignet sind die sich ändernden Herausforderungen zu meistern. Es gibt aber auch eine Grundregel, dass man erstens nicht zu viele Änderungen auf einmal machen sollte und dass man zweitens abwarten muss, bis Änderungen ihre Wirkung entfalten.

Zur Zahl der Änderungen: Die Hamburger Universität hat in den vergangenen Jahren viele davon eingeleitet, zum Teil als Ergebnis eines politischen Prozesses wie die Umstellung auf Bachelor und Master. Dazu kamen die Änderungen, die sich aus der zunehmenden Eigenverantwortung der Universität ergaben, z. B. bei der Berufung von Professoren, der Mittelverteilung sowie der Struktur- und Entwicklungsplanung in Forschung und Lehre.

Die Zahl dieser zum Teil grundlegenden Änderungen in einem so facettenreichen und von Individualisten getragenen System wie einer Universität war sehr hoch und hat bei der Umsetzung zu vielen Reibungen geführt. Dieser Prozess ist nun aber zu einem großen Teil erfolgreich abgeschlossen.

Dies führt zum zweiten Punkt: Man muss Änderungen Zeit geben, ihre Wirkung zu entfalten. Dies muss nun oberste Priorität sein. Ich glaube, dass die Universität einen guten Weg eingeschlagen hat. Natürlich, und hier stimmt das Bild des Tankers, muss dabei stetig nachgesteuert werden, um erfolgreich ans Ziel zu gelangen.

Den Blick über den Atlantik braucht die Universität Hamburg auch in ihrer jetzigen Struktur nicht zu scheuen: Die Universität Berkeley, die zur absoluten Weltspitze gehört, hat 34 000 Studenten, verglichen mit 38 000 in Hamburg, und Strukturen, die denen in Hamburg nicht unähnlich sind. Niemand käme auf die Idee, Berkeley deshalb als Massenuniversität und trägen Tanker zu bezeichnen.

Aber man sollte von Berkeley lernen, wie man es schafft, 20 Professoren mit Nobelpreisen zu haben. Vielleicht hilft hier unter anderem auch mehr finanzielle Unterstützung: Der Universität Hamburg steht ein jährliches Budget von 303 Mio. Euro zur Verfügung, Berkeley arbeitet mit 1,3 Milliarden Euro.

Die Saat ist ausgebracht. Man sollte der Universität Zeit geben, die Früchte zu ernten, und nicht jetzt schon wieder mit dem Pflügen beginnen. Das heißt, die Universität in Ruhe arbeiten zu lassen. Das exzellente Abschneiden der Universität bei der Landesexzellenzinitiative sollte auch Skeptiker von der Qualität in der Universität überzeugt haben.

Prof. Albrecht Wagner ist Vorsitzender des Hochschulrats der Universität Hamburg. Wagner war bis 2008 Vorsitzender des Direktoriums des Deutschen Elektronen Synchrotrons (Desy).