Beim Besuch in Hamburg berichtet Ex-Scientology-Manager von Misshandlungen. Er spricht von Faustschlägen ins Gesicht und Tritten.

Hamburg. Wenn Ursula Caberta öffentlich auftritt, kann sie sich des Protests sicher sein. Ein Dutzend Anhänger der Scientology-Sekte versammelte sich gestern vor der Innenbehörde am Johanniswall, um gegen Deutschlands bekannteste Sekten-Bekämpferin zu demonstrieren. Während Caberta draußen auf Plakaten als "Inquisitorin" tituliert wird, stellt sie drinnen einen der prominentesten Scientology-Aussteiger vor: Mark Rathbun war als Finanzchef laut Innenbehörde die "Nummer zwei des internationalen Managements" der Sekte in den USA.

Dass Rathbun der Scientology-Ideologie noch weiter anhängt, ist für Caberta kein Problem. Im Gegenteil, es freut sie, dass er endlich nach Hamburg gekommen ist. "Mir ist egal, welches Buch sich die Leute unter ihr Kopfkissen legen." Dieser Umstand scheint ihn sogar zu einem glaubwürdigeren Kritiker der Sekte zu machen. Er selbst sagt dazu: "Ich praktiziere Scientology, brauche aber keine Kirche, die einen in die finanzielle Misere treibt oder Familien auseinanderreißt." Rathbun, der nach eigenen Angaben 27 Jahre Mitglied war, bis er 2004 ausstieg, erzählt von Gewaltausbrüchen des Scientology-Chefs David Miscavige. Zunächst habe dieser selbst Mitglieder geschlagen. Rathbun berichtet von Faustschlägen ins Gesicht und Tritten. Später habe er selbst andere Scientologen dazu angestiftet. "Und auch ich habe jemanden zu Boden geschleudert." Miscavige, den er als "Psychopathen" bezeichnet, habe ihn dazu gebracht, etwas zu tun, was "gegen meine Natur" gewesen sei.

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Nach dem Blick in das Innere der Organisation spricht Rathbun über die Einflussnahme der Milliarden-Dollar-Sekte auf die amerikanische Politik. So habe Scientology über eine Anwaltskanzlei Kontakt zu dem ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton und der jetzigen Außenministerin Hillary Clinton. Wie der mögliche Einfluss aussieht, darüber sagt Mark Rathbun allerdings nichts. Und Ursula Caberta führt in diesem Zusammenhang aus, dass der damalige Innenstaatsrat Christoph Ahlhaus (CDU) 2007 Interna über sie an die US-Konsulin Karen Johnson ausgeplaudert habe. Näheres bleibt unklar. Auf Nachfrage schließt sie jedoch aus, damit eine Nähe des ehemaligen Bürgermeisters zu Scientology gemeint zu haben. Eine Debatte über diese Sekte wird schnell emotional. Immerhin hat der Hamburgische Verfassungsschutz eine eindeutige Position zu der Organisation. So gebe es "Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen". Außerdem werde eine Gesellschaftsordnung angestrebt, "in der zentrale Grundwerte außer Kraft gesetzt werden sollen". Die Zahl der Mitglieder in Hamburg schätzt der Verfassungsschutz in seinem jüngsten Bericht auf 650.

Vor der Innenbehörde verteilen die wenigen Mitglieder Handzettel, auf denen sie Rathbun der Lüge bezichtigen und Caberta "Hirngespinste" unterstellen. Das aber lässt Caberta drinnen kalt. Sie spricht schon von einem "Anfang vom Ende der Organisation".