Hamburg/Tutzing/Berlin. Der frühere Fernseh-Pfarrer Jürgen Fliege hat die Esoterik-Vorwürfe der Hamburger Sektenexpertin Ursula Caberta zurückgewiesen. "Dass Frau Caberta mit Hilfe des Hamburger Senats, also mit Steuergeldern, Menschen wegen ihres Glaubens diffamiert, tut mir am meisten weh“, sagte Fliege am Mittwoch.
Caberta hatte am Dienstag im Hamburger Rathaus an der Seite von Innensenator Michael Neumann (SPD) ihr "Schwarzbuch Esoterik“ präsentiert und gesagt, Fliege stehe symptomatisch für eine gefährliche Entwicklung: Der 64-Jährige sei vom evangelischen Pastor zum Esoteriker mutiert. Er habe "wohl alles vergessen, was er in christlicher Geschichte vielleicht mal gelernt hat“. Caberta hatte auch andere Prominente wie Sängerin Nena und Entertainer Hape Kerkeling kritisiert , die wissentlich oder unwissentlich die nach ihrer Meinung gefährliche Esoterik-Szene stützen.
Der Theologe Fliege entgegnet nun: "Mit ihren Argumenten gegen den Glauben, dass Worte verändern können, könnte Frau Caberta auch die ganze christliche Religion angehen. Wir Christen glauben ja schließlich, dass beim Abendmahl Wein zum Blut Christi und eine Oblate zum Leib Christi werden kann.“
Kritik an der "Fliege-Essenz“, einem Wässerchen, das der Pfarrer nach eigenen Worten "mit Gebeten und Handauflegen bereichert“, sagte Fliege: "Ich verstehe nicht, wie jemand ein Produkt, das jemand anderes mit seiner Weltanschauung begründet und verkauft, so abwerten kann.“
"Flieges Segen kostet nichts“, konterte er in einem vorab veröffentlichten Interview der "Evangelischen Zeitung“ in Hamburg den Vorwurf, ein schlichtes Heilwasser für 39,95 Euro anzubieten. Es handele sich um ein auf dem Markt längst erhältliches Produkt in homöopathischer Tradition, sagte Fliege. "Wenn ich darauf Segensgebete spreche, klingt das nur für evangelische Ohren fremd.“
Auch Weihwasser unterscheide sich von Leitungswasser "nur über die darüber gesprochenen Gebete“. Überdies sei auch Weihwasser nicht kostenlos. Nur würden diese Kosten "indirekt und an anderer Stelle kassiert, nämlich bei der Kirchensteuer“. Die "Fliege-Essenz“ sei nicht teurer als das Originalprodukt des Herstellers "Dr. Niedermaier Pharma“. Er habe bislang 136 Flaschen verkauft, von denen er "irgendwas unter fünf Euro“ erhalte: "Wirtschaftlich war es also ein Griff ins Klo.“
"Wir waren und sind in Sachen Religion bekanntlich nicht sehr tolerant“, sagte Fliege. Ihm gehe es wesentlich "um das Ernstnehmen spiritueller Traditionen“. Trotz der "vernichtenden Anschuldigungen“ wolle er "nicht ausgrenzen“, sondern "im Dialog“ bleiben.
Als Beispiel für spirituelle Traditionen im Christentum nannte Fliege die Taufe und das Abendmahl. Dabei würden Wasser, Brot und Wein durch das gesprochene Wort zum Sakrament verändert. Offensichtlich hätten Worte die Kraft, aus einem Element wie Wasser etwas Heilendes zu machen, sagte Fliege.
Dass Ursula Caberta ihr "Schwarzbuch Esoterik“ nun "auf seinem Rücken“ verkaufe, habe er sich bereits am vergangenen Wochenende in einem Gottesdienst in Keitum/Sylt "von der Seele gesungen“. Zum Glauben gehöre auch das Verspotten, habe es im Lied geheißen. Fliege: "Da ward ich getröstet.“ Den Artikel einer großen Sonntagszeitung (Überschrift: "Hat Fliege einen an der Klatsche?“) habe er gar nicht gelesen: "Ich bade nicht im erkennbaren Dreck.“ (dpa/epd)
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