“Welche Botschaft verraten die Sterne“, fragten Gelehrte der Antike. Das ist lange her. “Mit Wissenschaft hat Astrologie nichts zu tun“, sagen Experten heute.

Haben die Sterne Einfluß auf die Menschen, auf unser Verhalten, auf den Charakter, auf unsere auffälligsten Wesenszüge? 41 Prozent der Deutschen glauben das: Die Gestirne beeinflussen unser Schicksal.

Wissenschaftler sehen das anders. "Genauso gut könnte man einen Zusammenhang zwischen dem Ausmaß des Schneckenfraßes im Garten und den Aktienkursen herstellen", sagt Thomas Kraupe, der Chef des Hamburger Planetariums, obwohl klar sei, daß Schneckenfraß und Aktienkurse keine Beziehung von Ursache und Wirkung miteinander hätten. Wahrscheinlich würde man bei einer solchen Analogie sogar auf statistische Auffälligkeiten stoßen, ähnlich wie in den mathematischen Analysen von Gunter Sachs über die Zusammenhänge von Tierkreiszeichen und menschlichem Verhalten. Nach dessen Auswertung begehen zum Beispiel Waagen am seltensten Selbstmord oder werden Skorpione am häufigsten wegen Diebstahls verurteilt, lassen sich Steinbock-Männer deutlich seltener von Fische-Frauen als von Stier-Frauen scheiden.

Wie kommt die Menschheit an dieses Wissen? Die Sternstunde der Astrologie schlug im alten Babylon vor knapp 4000 Jahren. Aus den Abläufen am Himmel versuchten Gelehrte, ihren Herrschern die Frage zu beantworten: "Was wollen die Götter uns sagen?" Bereits bedeutende Denker im antiken Griechenland bezweifelten, daß die Sterne göttliche Botschaften überbrächten. Platon (428-348 v. Chr.), ein Schüler von Sokrates, war überzeugt, daß "Astrologie als Omendeutung allen Grund verloren hat" und stellte sich damit gegen die überlieferte Kunst, aus den Gestirnen die Zeichen einer übermenschlichen Macht zu deuten.

Beruhte die Kunst der Astrologen nur darauf, daß Phänomene am Himmel unseren Vorfahren geheimnisvoll erschienen? Heute sind diese Erscheinungen entschlüsselt. Wir kennen die physikalischen Gesetze, nach denen Planeten ihre Bahnen ziehen; wir wissen, warum es blitzt oder donnert. Wo bleibt in einem aufgeklärten, naturwissenschaftlich geprägten Weltbild Platz für die Macht der Gestirne?

Die Himmelskörper haben eine Wirkung, das ist unbestritten. Der Mond sorgt für Ebbe und Flut auf den Meeren der Erde. Unsichtbare Kräfte, zum Beispiel Neutrinos, durchdringen Materie, unsichtbare Strahlung durchkreuzt das Universum. "Es gibt viele Kräfte, auch solche, die wir noch nicht kennen", bestätigt Planetariums-Chef Kraupe. Aber diese liefen nicht so ab, wie die Astrologen behaupten, "die glauben, sie könnten Schicksale ablesen wie eine Uhrzeit und die im Weltbild der Antike stehen geblieben sind".

Da ist z. B. der Mars. Laut Astrologie zählt er mit Sonne, Mond, Venus und Merkur zu den "persönlichen Planeten". Sie bilden ständig neue Konstellationen - und wechseln ihren Einfluß auf die Horoskope. Dem entgegnet der Naturwissenschaftler Kraupe: "Viele irdische Einflüsse sind deutlich größer als die der Planeten, das kann man berechnen."

So sei ein Kind, das in einem mehrgeschossigen Haus geboren werde, einer Kraft des Gebäudes ausgesetzt, die viel stärker sei als die des Planeten Mars. In der gesamten Astrologie spielten aber Entfernungen oder die Masse der Objekte keine entscheidende Rolle.

Dennoch sei die Astrologie von Naturwissenschaftlern schwer zu widerlegen, weil sie nicht zu packen sei. "Jeder Astrologe hat seine eigene Astrologie", sagt Kraupe. "Alle Konstanten sind variabel." Weil kein überprüfbares System existiere und es keine Regeln gebe, die für alle gelten, biete die Astrologie den Wissenschaftlern kaum Angriffsfläche.

Aber ist dennoch alles nur Humbug? Kraupe, der den Astrologen Winfried Noe persönlich kennt "und ihn als Menschen durchaus schätzt", hat auch eine Erklärung für den weitverbreiteten Eindruck, daß etwas dran ist an den Horoskopen mancher Astrologen. "Dahinter steckt eine gute Portion Menschenkenntnis und viel Psychologie", sagt Kraupe.

Positive Vorhersagen sieht er "als eine Art Gesellschaftsspiel und eine nette Art, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen". Wenn in Horoskopen dazu aufgefordert würde, die eigenen Stärken und Fähigkeiten zu nutzen, sei nichts dagegen zu sagen, doch wenn wichtige Entscheidungen, etwa Operationstermine oder politische Beurteilungen von Astrologen beeinflußt würden, "dann halte ich das für gefährlich", sagt Kraupe. "Da hört der Spaß für mich auf."

Währenddessen wächst das Interesse an Horoskopen. Die Zahl derer, die sie regelmäßig lesen, ist seit 1977 von 46 Prozent auf zuletzt knapp 80 Prozent gestiegen.