Erst umstritten, zog das CCH später alle Größen des Showgeschäfts an. Nun verfällt das Congress Center - Abriss nicht ausgeschlossen.

St. Pauli. Zumindest die Blumen blühen. Damit sind die rot leuchtenden Blüten in den grauen Pflanzkübeln rund um das Congress Center Hamburg (CCH) auch das Einzige, was hier einen Hauch von Leben versprüht. Auf dem Platz zwischen der Parkanlage Planten un Blomen und dem frisch renovierten Radisson-Blu-Hotel fällt der Blick rasch auf das verwinkelte, einstmals moderne Betongebäude. Die Stille an diesem Ort - nahe der Hamburger Innenstadt - wirkt erdrückend. Kaum jemand scheint sich dieser Tage hierher zu verirren. Kein Wunder: Die Eingangstüren des Centers sind versperrt. "An veranstaltungsfreien Tagen bleibt das CCH geschlossen" ist an den Glastüren zu lesen.

Die nächste Veranstaltung findet am 31. August statt, dann tagen Chirurgen zum Thema Fettleibigkeit. Das nächste freudigere Ereignis kündigen die Bildschirme hinter den Glastüren an. Blau leuchten sie in der düsteren Eingangshalle. In weißer Schrift steht es geschrieben: Am 25. September steht Reinhard Mey auf der Bühne.

Es ist ein Name, der ein bisschen nach früheren Tagen klingt. Nach großen Zeiten, die in eher leisen Klängen enden. Auch das CCH, das nach Schätzung der Finanzbehörde nun dringend für mindestens 100 Millionen Euro saniert werden muss, hat eine glänzende Vergangenheit hinter sich. Im Jahr 1973 als "Congress Centrum Hamburg" gegründet, war die Schreibweise zwar vor allem der Geschichte geschuldet - die Abkürzung "KZ" für Kongresszentrum galt es zu vermeiden -, doch das Gebäude erfüllte den internationalen Anspruch bald. Liza Minnelli gab in seinen Hallen ihre Paraderolle der "Cabaret"-Sängerin Sally Bowles, Leonard Bernstein schwang hier seinen Taktstock, Maria Callas begann ihren Comeback-Versuch auf dieser Bühne. Chuck Berry kam, Bob Dylan, Joan Baez. Die Legenden der 70er- und 80er-Jahre spielten hier. In Hamburg wurde der Erfolg eines Künstlers daran abgelesen, wie oft er das CCH füllen konnte.

Dabei war die Entstehungsgeschichte des Centers schwierig. Und klingt in diesen Tagen ziemlich vertraut. Ein Bauwerk der Superlative wollte der Senat in den 60er-Jahren errichten, "eine Fabrik zur Erzeugung von Fremdenverkehr", wie es der ehemalige Erste Bürgermeister Herbert Weichmann formulierte. Der Senat dachte an das Renommee, das davon ausginge; an die Gäste, die es anzöge; an die Wirtschaft. Opposition und Bürger waren empört. "Kommunalpolitischen Größenwahnsinn" schimpften sie die Pläne, eine historische Verschwendung von Steuergeldern. Erst nach langem Streit fiel die Entscheidung zugunsten des Kongresszentrums. Die Begründung des Senats: "Die Gesamtkosten sind zwar erheblich, aber notwendig, um die Metropolfunktion Hamburgs in wirtschaftlicher, kultureller und gesellschaftlicher Hinsicht zu stärken."

Es sind die Argumente, mit denen Befürworter heute die Elbphilharmonie verteidigen. Und auch die Dimensionen des CCH waren für damalige Verhältnisse enorm: 21 500 Quadratmeter Grundstücksfläche, in den Sälen Platz für bis zu 10 000 Menschen, unterirdische Garagen für 900 Autos, 17 Tagungsräume, 2600 Türen. Das CCH galt als das modernste Kongresszentrum Europas. 104 Millionen Mark kostete der Bau insgesamt. Und machte gleich im ersten Jahr acht Millionen Mark Verlust. Ob und wie viel es heute ist, vermochte das Unternehmen nicht zu sagen - es gibt nur eine Gesambilanz gemeinsam mit der Messe.

Jahrelang sprachen Kritiker von Fehlinvestitionen, doch zehn Jahre nach Fertigstellung fiel das öffentliche Fazit positiv aus. Das CCH, hieß es nun, habe für Hamburg das "Tor zur Welt" geöffnet.

Doch längst ist die Konkurrenz groß geworden. 3000 Gäste passen in den größten Saal des CCH. In der O2-Arena, 2002 entstanden, finden bis zu 16 000 Besucher Platz. Pascal Funke, Geschäftsführer des Konzertveranstalters Funke Media, schätzt am CHH zwar die zentrale Lage. "Aber natürlich wäre eine Modernisierung gut", sagt Funke. Ähnlich sieht es Markus Schreiber, Leiter des Bezirksamts Mitte: "Wir brauchen ein CCH im Herzen der Stadt. Aber wir brauchen auch ein Konzept für die Revitalisierung dieser Perle."