Eine Glosse von Sven Kummereincke

"Elbphilharmonie ein Jahr früher fertig als geplant" wäre doch mal 'ne nette Schlagzeile. Und gar nicht unrealistisch. Wenn die Baufirma endlich mal dem zweiten Teil ihres Namens gerecht werden würde anstelle des ersten - künftig also nicht hoch-, sondern tiefstapelte. Die Wiederholung des ewig gleichen Stücks wird ja nun auch wirklich langweilig ("Wir brauchen ein kleines bisschen länger, liegt aber nicht an uns"). Zeit also für den öffentlichkeitswirksamen Befreiungsschlag: 1. Es dauert mindestens noch zehn Jahre. 2. Kann aber auch sein, dass wir es gar nicht hinkriegen. 3. Es wird unfassbar teuer.

Dass ein solches Konzept funktioniert, lässt sich mit sechs Buchstaben und zwei Zahlen beweisen: HSVBVB sowie 8 und 1. Der HSV redet seit gefühlt 25 Jahren von Titeln und Champions League, gibt Geld aus, als hätte er einen russischen Oligarchen im Keller, und wurde vergangene Saison Achter. Der BVB aus Dortmund (der in Sachen Großkotzigkeit durchaus jahrzehntelange Erfahrungen aufweisen kann) tat so, als sei Platz 5 als Ziel schon fast größenwahnsinnig - und wurde Erster.

Die Erwartungen immer schön niedrig zu halten, das ist ein Rezept für alle Lebenslagen. Dem neuen Chef sage ich ja auch nicht am ersten Tag, was für ein Überflieger ich doch sei. Lieber schön dumm stellen und dann positiv überraschen ("Mensch, Kummereincke, hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut"). Gilt auch fürs Private: Wer vor der neuen Flamme prahlt, welch überragender Liebhaber er doch sei, der landet schnell auf dem Boden der Tatsachen - sprich auf dem Sofa.

Also Hochtief: Schön bescheiden bleiben. Dann wird es am Tag der Elbphilharmonie-Eröffnung, dem 1. Mai 2021, auch heißen: Was - schon fertig?