Jagd auf den Erreger wird ausgeweitet. In Hamburg geht die Zahl der Neuinfektionen zurück.150 Millionen Euro Entschädigung für Bauern.

Hamburg. Sprossen? Salat? Gurken? Oder etwas ganz anderes? Die Hamburger Behörden haben ihre Jagd nach dem gefährlichen EHEC-Erreger deutlich ausgeweitet. Nach Angaben von Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) untersuchen die Forscher jetzt auch das Wasser in der Elbe und in ihren Seitenarmen. Die Proben wurden dort genommen, wo mit dem Wasser Obst- und Gemüsefelder bewässert werden. Auch Biogasanlagen sowie Gewächshäuser sollen in die Untersuchungen einbezogen werden. "Es ist unbefriedigend und auch beängstigend, dass die Quelle der EHEC-Infektionen immer noch nicht gefunden ist", sagte Prüfer-Storcks.

Auch das Landeskriminalamt wurde inzwischen eingeschaltet. Die Kripobeamten unterstützen mit Beratung und Spezialsoftware die Patientenbefragung. Doch bisher verläuft die Großfahndung ergebnislos, und die Verunsicherung der Verbraucher steigt täglich.

Als Fehlschlag erwies sich jetzt auch die Analyse der verpackten Salat-Sprossen aus dem April, die ein EHEC-Patient noch im Kühlschrank gelagert und am Montag den Behörden übergeben hatte. Die Sprossen stammen von dem Bio-Hof im Kreis Uelzen, der als Quelle der EHEC-Epidemie in Verdacht geraten war. Doch bisher wurden dort alle Proben negativ getestet, auch die Sprossen aus Hamburg. Heute soll das Ergebnis von noch ausstehenden 17 Tests veröffentlicht werden. Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium blieb gestern bei seinem Verdacht, dass tatsächlich Sprossen von dem Bio-Hof die Epidemie ausgelöst haben.

Inzwischen sind bundesweit 22 Menschen an dem mysteriösen Darmkeim gestorben. Rund 2000 Menschen haben sich infiziert. Allerdings gibt es in Hamburg einen Hoffnungsschimmer. In der Hansestadt, wo bisher 898 EHEC-Fälle gemeldet wurden, geht die Zahl der Neuinfektionen zurück. Dies gilt auch für die schweren Verläufe mit dem Hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS). Von Montag auf Dienstag kamen nur noch vier dieser lebensbedrohlichen Komplikationen hinzu. Auch Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sieht eine leichte Entspannung. "Es spricht manches dafür, dass wir das Schlimmste hinter uns haben", sagte er. Dennoch sollten Deutsche weiter auf rohes Gemüse wie Sprossen, Tomaten, Gurken oder Blattsalate verzichten. Auch Prüfer-Storcks sagte, es sei zu früh für eine Entwarnung. Das zeigt auch die Entwicklung in Schleswig-Holstein. Dort stieg die Zahl der Infektionen von Montag auf Dienstag um fast 100 auf jetzt 676.

Unterdessen können Europas Bauern mit Entschädigungszahlungen rechnen. Die EU-Agrarminister haben sich gestern grundsätzlich auf Ausgleichszahlungen geeinigt. Mindestens 150 Millionen Euro sollen dafür bereitgestellt werden. Landwirte sollen für ihre unverkäuflich gewordenen Gurken, Tomaten, Paprika, Zucchini und Salate 30 Prozent des durchschnittlichen Verkaufspreises erstattet bekommen. Spanien und Frankreich fordern eine Entschädigung von 100 Prozent.

Die EU erhöhte den Druck auf Deutschland, endlich die Ursache der Epidemie zu benennen. "Das ist der einzige Weg, um das Verbrauchervertrauen zurückzugewinnen", mahnte EU-Landwirtschaftskommissar Dacian Ciolos. Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Europäischen Parlament, der SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen, warf der Bundesregierung und den Ländern ein Kommunikationschaos vor. Das Tohuwabohu zwischen Hamburg, Hannover und Berlin habe zu einem Ansehensverlust für Deutschland in Europa geführt.