Fraktionschef Schira erhält viel Lob für seinen Vorschlag, den ehemaligen Pastor zu nominieren. Der CDU-interne Machtkampf ist vertagt.

Hamburg. Es war 17.44 Uhr, als starker Beifall im Raum 151 des Rathauses aufbrandete: Die Abgeordneten der CDU-Bürgerschaftsfraktion hatten mit 49 Ja-Stimmen bei zwei Nein-Stimmen ihr Fraktionsmitglied Lutz Mohaupt für den Posten des Bürgerschaftspräsidenten nominiert. Die Abstimmung war, wie es der Geschäftsordnung der CDU-Fraktion entspricht, geheim.

Der parteilose frühere Hauptpastor von St. Jacobi soll schon am Mittwoch in der Bürgerschaft zum Nachfolger von Berndt Röder (CDU) gewählt werden, der wegen der Glatteis-Affäre am Wochenende zurückgetreten war. Die Wahl gilt als sicher.

"Das ist ein überwältigendes Ergebnis", freute sich CDU-Fraktionschef Frank Schira über das Votum der CDU-Abgeordneten. "Ich bin froh und dankbar, dass Lutz Mohaupt bereit ist zu kandidieren", sagte der Fraktionschef.

"Ich bin gerührt und auch ein bisschen bewegt", gestand Mohaupt. "Man kann sich diesem Angebot eigentlich nicht entziehen", so der Parteilose. Das ginge nur, wenn man schwerwiegende Gründe hätte, die dagegen sprächen. Doch die konnte Mohaupt bei sich nicht entdecken. "Meine Lebensplanung war zwar eigentlich eine andere. Wir wollten unseren Ruhestand genießen", gestand der Hauptpastor a. D. Aber auch seine Frau habe ihn in der Entscheidung bestärkt, zu kandidieren.

Daran, dass er sich für den richtigen Kandidaten hält, ließ Mohaupt keine Zweifel. "Der Umgang mit Geschäftsordnungen ist für mich nicht neu. Das wird kein Problem sein", sagte der designierte Präsident. Die wichtigste Aufgabe des Amtes sei jedoch die Repräsentation der parlamentarischen Demokratie und des Politischen über die Partei- und Fraktionsgrenzen hinaus. "Da wird man viel sprechen und reden müssen. Das kann ich, glaube ich, ganz gut", urteilte Mohaupt über sich selbst.

Nach den quälenden Tagen bis zum Rücktritt von Berndt Röder, der an der Fraktionssitzung gestern als einfacher Abgeordneter teilnahm, demonstrierte die CDU-Spitze mit der schnellen Nachfolgeregelung Handlungsfähigkeit. Es war Schiras Idee, Mohaupt das repräsentative Spitzenamt anzutragen. Und in der Union erhielt der Fraktionschef dafür nur Zustimmung. Bürgermeister Ole von Beust sprach in der Fraktionssitzung von einem "exzellenten Vorschlag".

Am Sonntag hatte sich Schira zu einem langen und intensiven Gespräch mit Mohaupt getroffen. Nach dem grundsätzlichen Ja des Pastors hatte Schira einen Spitzen-Christdemokraten nach dem anderen in seinen Plan eingeweiht. Gestern Nachmittag schließlich votierte der Fraktionsvorstand einstimmig für Mohaupt als Röder-Nachfolger.

Mit der Personalie Mohaupt nimmt Schira geschickt den Druck aus der Austarierung der innerparteilichen Kräfteverhältnisse, die viele interne Debatten derzeit bestimmt. Der Rückzug Röders, der der CDU Nord angehört, hatte bereits Begehrlichkeiten geweckt. So war zunächst Vizepräsident Wolfhard Ploog, der dem in Spitzenämtern unterrepräsentierten CDU-Kreisverband Altona angehört, als Nachfolger gehandelt worden. Nach Abendblatt-Informationen lehnte Ploog aber ab.

Es geht in der Union jedoch um mehr als die Besetzung des mit wenig Macht verbundenen Postens des Bürgerschaftspräsidenten: Hinter den Kulissen ist längst das Tauziehen um die Besetzung des wichtigsten Parteiamtes entbrannt: Es geht darum, wer künftig als Landesvorsitzender die CDU führt. Noch ist unklar, ob der vom HSH-Nordbank-Desaster geschwächte Finanzsenator Michael Freytag Ende Juni erneut kandidiert. Schira und Innensenator Christoph Ahlhaus werden jedoch bereits Ambitionen auf das Spitzenamt nachgesagt.

Mit einer Nominierung von Ploog zum Bürgerschaftspräsidenten hätte sich eine Achse der beiden großen Kreisverbände Altona und Wandsbek abgezeichnet. Schira ist Wandsbeker CDU-Kreischef, während sein potenzieller Gegenspieler Ahlhaus Chef der CDU Nord ist. Bei einem Bündnis von Wandsbek und Altona hätte Nord kaum mehr eine Chance gehabt, einen eigenen Kandidaten durchzusetzen. Der Führungsstreit ist mit der Entscheidung für Mohaupt erst einmal verschoben.

Der frühere Hauptpastor will sich im Falle seiner Wahl zum Bürgerschaftspräsidenten dafür einsetzen, dass das Bild der Politik in der Öffentlichkeit besser wird. "Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass das Image der Politik heute sehr ungerecht ist", sagte Mohaupt. Es werde in der Politik besser gearbeitet, als viele Menschen denken und sagen.