Neun Kollegen haben es Hamburgs Spitzenkoch Thomas Martin vorgemacht. Seine Gäste bewegten ihn dazu, endlich ein Kochbuch herauszubringen.

Hamburg. 13 Jahre ist er stur geblieben. Kein einziges Rezept drang nach außen. Nur in Ausnahmefällen, bei den monatlich stattfindenden und immer lange im voraus ausgebuchten Kochkursen etwa, gab er sein Wissen öffentlich preis. Und so waren es auch die Gäste, die den Sternekoch dazu bewegten, doch bitte endlich ein Kochbuch herauszubringen.

Und nun ist es so weit: Heute erscheint "Meine Jacobsleiter" von Thomas Martin, seit 1997 Küchenchef des Restaurant Jacobs in Blankenese. Mit einem stilvollen Empfang im kleinen Kreis wird es der Presse vorgestellt; der pompöse Auftritt ist nicht die Sache des hochgewachsenen, sympathischen Genussmenschen. Eher ist Zurückhaltung angesagt. Warum also nicht auch bei der Veröffentlichung seiner bislang geheimen Schatzsammlung?

Anders als vielleicht zu erwarten war, ist es kein Sterne-Hochglanz-Kochbuch, das nun von der Elbe auf den deutschsprachigen Markt strömt. "Damit rechnet man bei mir natürlich. Aber es ist in erster Linie ein nachkochbares Buch. Darin finden sich sowohl Rezepte, die ich im Restaurant koche, aber auch einfachere Gerichte, die ich gern zu Hause zubereite", sagt der 41-Jährige. Warum er so lange damit gezögert habe? "Ich finde eigentlich, dass es schon genug Kochbücher auf dem Markt gibt!"

+++ Elf Sterne! Hamburg ist die Hauptstadt der Spitzenköche +++

Unter seinen Hamburger Kollegen ist er tatsächlich einer der letzten Autoren. Ali Güngörmüs, Christian Rach und Cornelia Poletto haben bereits veröffentlicht, letztere sogar eine ganze Reihe von Kochwerken. Von ihr hat Martin auch den renommierten Food-Fotografen Jan-Peter Westermann empfohlen bekommen. Wahabi Nouri und Christoph Rüffer waren schon in einem kulinarischen Sammelband vertreten.

Einer der ersten war übrigens Heinz-Otto Wehmann vom Landhaus Scherrer. Sein Küchen-Klassiker "Ochsenschwanz und weiße Trüffel" von 1996 ist mittlerweile vergriffen. Das Besondere an seinem Erstlingswerk sei die Variantenvielfalt, so Thomas Martin, der seit 1999 mit einem Michelin-Stern gesegnet ist und auf regionale Küche schwört. "Ausgehend von meinen 20 Lieblingsprodukten von der Artischocke über die Bretonische Sardine bis hin zur Rinderschulter gibt es jeweils drei Rezeptvarianten mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Auf diese Weise ist das Kochbuch für jedermann geeignet, vom Anfänger bis zum Feinschmecker."

Die Sardine etwa kann mit Marinade gebraten, zu einem Sandwich verarbeitet oder - die Sterne-Variante - zusammen mit einer Art Zwiebelkuchen zubereitet werden. Mit der "Jacobsleiter" stufenweise zum Spitzenkoch - der Name ist also Programm. Auch Thomas Martin besitzt einige Kochbücher, orientiert sich an Rezepten, welche Zutaten benötigt werden. Ansonsten improvisiere er gern. Das rät Martin auch seinen Lesern. Und, ja: Kochen zu Hause bringe ihm auch immer noch Spaß - einfach so zur Entspannung.

Zusammen mit seiner Frau, die in einem sardischen Feinkosthandel arbeitet, kocht er gern einfache Gerichte wie vegetarischen Gemüseeintopf mit Basmatireis. Dazu gibt es einen schönen Wein. Sie habe die perfekte Küchenteilung eingeführt: "Ich schnippele, sie vollendet das Gericht. Das ist eine Arbeitsteilung, die seit Jahren gut funktioniert, und gegen die ich mich nie auflehnen würde", sagt Thomas Martin.

Wenn Freunde zu Besuch kommen, übernimmt er gern einen Part, bereitet etwa die Hauptspeise zu, wie auch im Rahmen des Großen Gourmetpreises, den Martin in diesem Jahr zum wiederholten Mal auf dem Süllberg gewann. "Bei privaten Essen spiele ich aber nicht den perfekten Gastgeber, das mache ich schließlich schon jeden Tag im Jacobs."

Die ausgewählten Rezepte habe er ganz klar vor Augen gehabt, der Verlag ließ ihm dabei freie Hand. Co-Autor Martin Lagoda brachte sie in Textform. Neben den kreativen Variationen werden sich Stammgäste des Jacobs über Klassiker wie Vierländer Ente, Kabeljau mit Curry und Topfensoufflé freuen. "Es sind viele Rezepte darunter, die auch meine Frau sehr mag." Das Buch, sagt Martin, sei nicht im Studio entstanden, sondern in der Küche. Bei Martins in Sülldorf und im Jacobs in Blankenese.