Stiftung Warentest bewertet 33 Tarife mit “sehr gut“. Doch es gibt Fallstricke “im Dickicht von Ausschlussklauseln und Sonderregelungen“.

Hamburg. Der Besuch beim Zahnarzt ist den meisten nicht nur unangenehm. Er kann auch "zu neuen finanziellen Löchern" im Haushaltsbudget führen, sagt Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur von "Finanztest". Die Zeitschrift hat jetzt 147 Tarife von Zahnzusatzversicherungen getestet. 33 davon wurden mit "sehr gut" bei den Leistungen für den Zahnersatz bewertet. Die Beitragsunterschiede für die Top-Policen sind groß: Für sehr gute Versicherungen muss ein 43-Jähriger männlicher Neukunde zwischen 18 und 41 Euro im Monat zahlen, gleichaltrige Frauen müssen zwischen 19 und 49 Euro entrichten. In den Tabellen sind nur die Policen mit einer "glatten" Eins (bis Note 1,1) aufgelistet.

+++Drei Versicherungen reichen als Schutz+++

Der Zeitpunkt für den Test ist gut gewählt. Denn mit der seit Januar geltenden neuen Honorarordnung für Zahnärzte kommen auch auf die 70 Millionen gesetzlich Versicherten höhere Ausgaben zu, wenn sie mehr als die von den Kassen bezahlte Regelversorgung in Anspruch nehmen. Das ist beim Zahnarzt oft der Fall und reicht von der Keramikfüllung statt Amalgan über die Wurzelkanalbehandlung bis zur vollverblendeten (zahnfarbene) Krone. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) listet Preissteigerungen für einzelne Leistungen zwischen 24 und 107 Prozent auf (Abendblatt berichtete).

Experten erwarten deshalb, dass die Nachfrage nach Zahnzusatzversicherungen weiter steigen wird. Schon heute ist die Zahnzusatzpolice mit rund 13 Millionen Verträgen die im Gesundheitsbereich am meisten nachgefragte Zusatzversicherung. Seit 2005 hat sich die Zahl der Verträge fast verdoppelt. "Doch wer selbst vergleicht, verirrt sich schnell im Dickicht von Ausschlussklauseln und Sonderregelungen", sagt Tenhagen.

Stiftung Warentest hat untersucht, welchen Anteil der Rechnung der jeweilige Tarif zusammen mit der Kassenleistung im Durchschnitt ersetzt. Überprüft wurde das an den Leistungsbeispielen Kassenkrone (Preis 260 Euro, davon 163 Euro als Kassenzuschuss), Krone (540 Euro/163 Euro), Inlay (600 Euro/45 Euro) und Implantat (3000 Euro/387Euro). Ohne Zusatzversicherung müsste der Patient also die Differenz zwischen den beiden Beträgen selbst bezahlen.

Die Experten ermittelten, wie viel die private Versicherung in den einzelnen Fällen dazubezahlt. Am Beispiel des Tarifs EZ+EZT des Hamburger Versicherers HanseMerkur, der preislich und von den Leistungen her zu den besten Anbietern gehört, ergibt sich für einen Versicherten folgende Rechnung: Für das Implantat müsste er 300 Euro selbst bezahlen. Den Rest zu 3000 Euro Gesamtkosten übernehmen Versicherung (2313 Euro) und gesetzliche Krankenkasse. Beim Inlay beträgt die Selbstbeteiligung 60 Euro, bei der Krone 54 Euro und bei der Kassenkrone kommt der Versicherte ganz ohne Eigenleistung aus. Diese Rechnung gilt auch für die Tarife aus der Tabelle von Allianz, Central und R+V.

Bei unveränderten Beiträgen bezahlt ein 43-jähriger Mann bei der HanseMerkur in 20 Jahren 4320 Euro. Würde er dann auch nur zwei Implantate beanspruchen, hätte sich die Versicherung schon ausgezahlt. "Eine Zahnzusatzversicherung ist sinnvoll, wenn man bereits existenzielle Risiken wie Haftpflicht und Berufsunfähigkeit abgedeckt hat", sagt Julia Nill, von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Allerdings müsse man sich die Verträge sehr genau ansehen, denn es gibt viele Einschränkungen und Begrenzungen, etwa wenn es um die Leistungen in den ersten Jahren oder die Zahl der Implantate geht.

Beispiel HanseMerkur: Bei den Implantaten werden maximal sechs im Oberkiefer und vier im Unterkiefer erstattet. Der Tarif EZ+EZT der HanseMerkur greift nur bei Zahnersatz, während der etwas teurere Tarif EZ+EZT+EZP des Versicherers auch für professionelle Zahnreinigung, Kunsthofffüllungen und Wurzelbehandlungen aufkommt. Verbraucher dürfen sich nicht von hohen Prozentwerten blenden lassen, mit denen die Versicherer werben. So verspricht die Axa im Tarif Dent die Erstattung von 100 Prozent. Doch es sind lediglich 100 Prozent vom Kassenzuschuss zur Regelversorgung. Bei einem Implantat gibt es also von der Versicherung nur 387 Euro, genauso viel wie von der gesetzlichen Kasse.

Die Tarife werden nach unterschiedlichen Prinzipien kalkuliert (siehe Tabellen). Die erste Form - nach Art der Lebensversicherung - berücksichtigt die zusätzlichen Kosten für Zahnersatz durch das steigende Alter von Anfang an. Die zweite Form - nach Art der Schadenversicherung - berücksichtigt diesen Risikofaktor bei der Prämienkalkulation nicht. Deshalb steigen die Beiträge mit dem Alter an. Aber auch bei der ersten Form sind Beitragssteigerungen nicht ausgeschlossen, wenn die Ausgaben innerhalb des Tarifs die Einnahmen um einen bestimmten Prozentsatz überschreiten. Stiftung Warentest gibt keine Empfehlung für die eine oder andere Form ab.

Eine Versicherung erst kurz vor der Behandlung abzuschließen, bringt nichts. Neben der Begrenzung der Leistungen in den ersten vier Jahren auf 4000 bis 7000 Euro gibt es eine achtmonatige Wartezeit ab Vertragsabschluss. In dieser Phase werden keine Leistungen erstattet. Ein rechtzeitiger Abschluss zahlt sich also aus.