Beim ersten Termin im möglichen Ausbildungsbetrieb ist Aufregung völlig normal. Gut ist, wenn der Bewerber zu seinen Schwächen steht statt sie zu vertuschen.

Eigentlich ist alles klar: Die Bewerbung, die das Vorstellungsgespräch ermöglicht hat, hast du dir noch einmal vor Augen geführt. Über Neuigkeiten aus dem Zielunternehmen bist du aus der Tagespresse und von der Unternehmenswebseite informiert. Und was du über dich zu sagen hast, hast du am Vorabend einem Bekannten vorgetragen. Was soll da noch schiefgehen? Und wieso schlägt jetzt das Herz bis zum Hals?

Zunächst einmal, sagt Diplom-Psychologe Claus Peter Müller-Thurau, sei die Aufregung ganz normal und überhaupt nicht schlimm: "Es geht ja um einen Ausbildungsplatz und nicht um einen Vertriebsleiterposten. Da darf die Hand ruhig schwitzen oder der Gesprächsfaden mal verloren gehen." Gut, wenn man zu solchen Schwächen stehen kann: "Oh, jetzt habe ich den Faden verloren. Wie war noch mal die Frage?" Wer zu sich steht und nicht vorgibt, ein anderer zu sein, keine auswendig gelernten Phrasen drischt, punktet bei Personalern wie Müller-Thurau.

+++So punkten Bewerber beim Vorstellungsgespräch+++

Das ist die Kunst: sich nicht zu verbiegen und sich nicht kleinzumachen. "Mental gut drauf sein" - Boris Becker machte diese Redewendung populär. Für Müller-Thurau gilt sie nicht nur für das Tennis-Match, sondern auch für das allererste Vorstellungsgespräch. Am besten mit dieser Haltung: "Ich dreh den Spieß jetzt einfach um: Das Vorstellungsgespräch ist meine Chance, das Unternehmen und seine Mitarbeiter genau kennenzulernen." Und anschließend selbst und frei zu entscheiden, ob man auch wirklich zusammenpasst.

Mit guter Vorbereitung beginnt das Vorstellungsgespräch. Gerade schüchterne Menschen sollten an sich arbeiten. Gewinnen während des Gesprächs Panikgefühle die Oberhand, helfen kognitive Erkenntnisse nicht weiter, weiß die Kommunikationstrainerin Marion Klimmer: "Die Emotionen sitzen in einem bestimmten Hirnareal, auf das der Verstand keinen Einfluss hat."

+++Im Anzug dem Personaler in Jeans gegenüber+++

Eine Einrichtung der Natur sei das, damit wir in Gefahrensituationen ohne Umschweife und Überlegungen reagieren können. Weil aber in einem Vorstellungsgespräch keine Gefahr für Leib und Leben bestehe, gelte es, das Adrenalin im Gleichgewicht zu halten und ein Maximum an Konzentration zu ermöglichen. Marion Klimmer rät zu Entspannungstechniken wie Atemübungen oder autogenes Training. "Was zu einem passt, probiert man am besten aus. Wichtig nur, neben die gute inhaltliche Vorbereitung tritt die mentale, um so innerlich gestärkt und pünktlich zum Gesprächstermin zu erscheinen." Lieber noch eine Extrarunde um das Unternehmen drehen, als atemlos zum Termin hasten, rät Bewerbungstrainer Müller-Thurau. Dann geht es los: "Kreuz durchdrücken und sich die Namen einprägen."

Beim ersten Small Talk möglichst nicht zu einsilbig werden: "Wie war die Anreise?" Statt einfach nur "gut" zu sagen, könne man begründen: "Ich habe mir die Anfahrtsbeschreibung im Netz angesehen." Die Gesprächseröffnung liegt in jedem Fall beim Gastgeber und mündet meist in eine Unternehmensvorstellung. Ein Pluspunkt für zurückhaltende Kandidaten, findet der Personalexperte: "Sie können gut zuhören und prägen sich das, was über das Unternehmen gesagt wird, genau ein."

+++Der erste Eindruck im Job zählt+++

Das zahlt sich am Ende aus, wenn Rückfragen willkommen sind - sofern es sich um echte Wissenslücken handelt: "Wer Informationen erfragt, die im Netz verfügbar sind, verplempert Zeit." Bevor aber der Bewerber Fragen stellt, sind die Unternehmensvertreter dran: "Erzählen Sie etwas über sich", lautet ein möglicher Einstieg. An dieser Stelle empfiehlt Müller-Thurau ein Luther-Zitat: "Tritt fest auf, mach's Maul auf und hör bald wieder auf." Gemeint ist: Sich auf die Unterlagen beziehen, Kernpunkte nennen und zum Schluss ein Plädoyer einbauen: "Ich denke daher, dass die Ausbildung gut zu mir passt."

Auf keinen Fall Standardantworten aus irgendwelchen Ratgebern kopieren. Die Schwäche "Ich bin zu perfektionistisch" kennen die Personaler zur Genüge und können sie nicht mehr hören. Lieber: "In Mathe war ich nicht so gut, aber das kriege ich hin." Bis zum Ende sei Höflichkeit Trumpf, betont Müller-Thurau: "Die Gesprächspartner alle angucken, namentlich nennen und sich bedanken für das gute Gespräch."