Die Leserfrage: Ich habe einen Schwerbehindertenausweis. Meine Erkrankung sieht man mir aber nicht an und sie beeinträchtigt auch meine Arbeit nicht. Als Gerücht ist sie den Vorgesetzten nun bekannt geworden und ich wurde um Auskunft gebeten. Muss ich etwas dazu sagen?

Das sagt Rechtsanwalt Christian Wieneke-Spohler: Nach überwiegender Ansicht ist die Frage nach einer Schwerbehinderung bei der Einstellung unzulässig, sodass der Bewerber ungestraft lügen darf. Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) gibt es hierzu aber noch nicht.

Anders sieht es nach einer BAG-Entscheidung (16.12.2012, 6 AZR 553/10) im Arbeitsverhältnis aus. Jetzt hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse zu erfahren, ob ein Mitarbeiter anerkannt schwerbehindert ist, erst recht wenn es um eine Kündigung geht. Denn vor deren Ausspruch ist bei einem Schwerbehinderten die Zustimmung des Integrationsamtes einzuholen. Sonst ist die Kündigung unwirksam.

Auch ist die Schwerbehinderung bei betriebsbedingter Kündigung in der Sozialauswahl zu berücksichtigen. Zudem muss der Arbeitgeber wissen, ob er die Anzahl an Pflichtarbeitsplätzen erfüllt oder eine Ausgleichsabgabe zu zahlen hat. Aus diesem Grunde diskriminiert die Frage nach der Behinderung in einer solchen Situation den Mitarbeiter nicht. Der Arbeitgeber muss diese Frage stellen, um sich rechtstreu zu verhalten.

Beantwortet der Mitarbeiter die Frage aber falsch, kann er sich später im Kündigungsschutzprozess nicht mehr darauf berufen, die Kündigung sei unwirksam, weil der Arbeitgeber trotz der Schwerbehinderteneigenschaft die Zustimmung des Integrationsamtes nicht eingeholt habe. Nach Auffassung des BAG ist dem Mitarbeiter dieser Einwand unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens verwehrt.

Unser Autor Christian Wieneke-Spohler ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg. Im Internet unter www.martens-vogler.de