Wer in der Transportbranche Karriere machen will, sollte sich interkulturell auskennen. Studiengänge bieten unterschiedliche Schwerpunkte.

Der Euro in der Krise, Länder am wirtschaftlichen Abgrund - doch die Logistikbranche Deutschlands steuert auf ein Rekordergebnis zu. "Der Umsatz des Wirtschaftsbereichs Logistik in Deutschland dürfte sich in diesem Jahr bei 220 Milliarden Euro bewegen. Damit wird 2011 das bisherige Rekordjahr 2008 übertreffen, als der Umsatz bei 218 Milliarden Euro lag", sagt Professor Peer Witten, Vorsitzender der Logistik-Initiative Hamburg. Für den Arbeitsmarkt heiße das: "Wie überall haben wir mit Fach- und Führungskräftemangel zu kämpfen."

Die Logistikbranche zeichnet sich dadurch aus, dass sie sowohl Akademikern wie auch Ungelernten Jobs bietet. So ist Hamburg besonders im Lagerbereich stark. Mehr als die Hälfte der 330 000 Logistik-Erwerbstätigen in der Metropolregion sind in diesem Umfeld tätig. Etwa als Fachlagerist (zweijährige duale Ausbildung), Lagerverwalter oder Lager- und Transportarbeiter (keine duale Ausbildungsregelung). "Besonders gefragt sind in der Branche zurzeit Speditionskaufleute und Berufskraftfahrer", sagt Witten.

Die modernen Logistiker brauchen den Blick für das große Ganze

Allerdings wird Logistik immer komplexer und anspruchsvoller. "Deshalb sollte sowohl in der kaufmännischen und gewerblichen Ausbildung als auch im Studium ein stärkerer Fokus auf Interdisziplinarität, Kultur- und Sprachverständnis sowie auf einen ganzheitlichen Blick für den gesamten logistischen Prozess gerichtet werden", fordert Witten. "Interkulturelles Management ist in unserer globalen Branche längst mehr als ein Schlagwort." Und auch die Kenntnis verschiedener Fachrichtungen werde wichtiger: "Wir haben es mit hochkomplexen technischen Abwicklungssystemen und vielschichtigen Warenströmen zu tun."

Den Anspruch der Internationalität bei der Logistikausbildung erfülle die Kühne Logistics University (The KLU) schon durch die Zusammensetzung der Studenten, sagt Martha Hannappel vom Karriere- und Alumni-Service der KLU. Die private Hochschule, die im September ihren ersten Geburtstag feierte, versammelt in ihren vier Programmen Studenten aus mehr als 20 Nationen. Zurzeit sind die Studenten des Studiengangs "Master of Science in Global Logistics" rund um die Welt an Partneruniversitäten verteilt, etwa in Ohio, Delhi, Shanghai und Rotterdam.

Ihnen bleibe Zeit, um ihr Gastland näher kennenzulernen und zu erleben, wie Logistik in einem anderen Kulturkreis funktioniert, sagt Hannappel. Das zweijährige englischsprachige Programm findet im ersten Jahr an der KLU statt. Dabei stehen logistische Inhalte, Betriebswirtschaft und Führungsstrategien auf dem Stundenplan. "Dann folgt im Sommer ein Praktikum bei Firmen wie DHL, Lufthansa Cargo oder Kühne + Nagel, und vor der Master-Thesis liegt das Auslandstrimester."

Auch der dreisemestrige Masterstudiengang "International Business and Logistics" an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) ist auf eine internationale Karriere ausgelegt und bei Industrie- und Handelsunternehmen ein gern gesehener Abschluss. "Der Masterabschluss ist oftmals die Eintrittskarte für das höhere Management", sagt Professor Henning Kontny, Leiter des Departments Wirtschaft an der HAW Hamburg.

Die bessere Lage auf dem Jobmarkt führt dazu, dass sich weniger Studenten für den Masterstudiengang entscheiden. Offenbar reicht auch der Bachelor in "Logistik/Technische Betriebswirtschaftslehre", um Wunschpositionen auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Kontny überrascht das nicht: "Wir bieten mit diesem Studiengang eine sehr breite Qualifikation mit Schwerpunkt Betriebswirtschaft und interdisziplinären Ergänzungen aus den Bereichen Technik und Informationsmanagement.

Besonders viel Praxisnähe vermittelt das duale Studium. Zum Beispiel der Bachelor-Studiengang "Logistics-Management" an der Hamburg School of Business Administration (HSBA). "So ein Studium bietet zwei Lernarten in einem", sagt Geschäftsführer Dr. Uve Samuels. "Praxis und Theorie werden in einem Zusammenhang gelehrt, beides wechselt miteinander ab und befruchtet einander."

So lernen die Studenten in der HSBA die Theorie - zwei Drittel Betriebswirtschaftslehre und ein Drittel Anforderungen in Logistischen Prozessen, Lagerbewirtschaftung oder Supply-Chain-Management -, gehen dann in ihre Unternehmen und wenden das Gelernte an. "Später kommen sie wieder zurück und reden über ihre Erfahrungen, miteinander und mit den Professoren, wodurch ihr neues Wissen wiederum in die Lehre einfließt, reflektiert und vertieft wird", sagt Samuels. Zu den Partnerunternehmen, die den betrieblichen Teil der Ausbildung übernehmen, gehören etwa Hapag-Lloyd, HHLA und die Buss Group.

Möglicher Arbeitgeber für Absolventen der Studiengänge "Logistik & Mobilität" (Bachelor) und "Logistik, Infrastruktur & Mobilität" (Master) der Technischen Universität (TU) Hamburg könnten hingegen Unternehmen wie Schlecker Logistik, Deutsche Bahn oder HVV sein. "Wie der Name sagt, liegt der Fokus auf Mobilität, also Themen wie Transport und Umschlagtechnik oder Verkehrsplanung und -Wirtschaft", sagt Professor Carsten Geertz, Leiter des Instituts Verkehrsplanung und Logistik an der TU. Zu den Modulen der Studiengänge gehören beim Bachelor etwa ingenieurwissenschaftliche Grundlagen, Mathe und Statik, aber eben auch Mobilitätsforschung und Verkehrsprojekte. Vielleicht werden es künftige TU-Absolventen sein, die das schwelende Verkehrsproblem Hamburgs lösen - mit oder ohne Stadtbahn.