Karrieretrainer Claus Peter Müller-Thurau erklärt, was typische Bewerbungsfehler sind - und wie man sie am Besten vermeiden kann.

Berlin. Wenn Bewerber originell sein wollen, geht das meistens nach hinten los, sagt Diplom-Psychologe Claus Peter Müller-Thurau. Seine Tipps für mehr Erfolg beim Bewerben.

Hamburger Abendblatt: "Den Job will ich haben" - wie wichtig ist diese Einstellung beim Bewerben?

Claus Peter Müller-Thurau: Sehr wichtig. Denn eine Schlüsselfrage der Personaler an Bewerberinnen und Bewerber lautet: Was willst du eigentlich? Als Personaler müssen wir davon überzeugt sein, dass jemand diesen bestimmten beruflichen Weg wirklich gehen will. Doch viele wissen gar nicht so richtig, was sie wollen. Bei manchen sieht es so aus, als wenn sie einfach nur aus ihrem alten Job abhauen wollen. Das bringt Minuspunkte.

Wie sehr muss man dem entsprechen, was in der Stellenanzeige gefordert wird?

Müller-Thurau: Wir Personaler suchen nicht die Besten. Wir suchen Frauen und Männer, die zu einer Aufgabe passen. Die Schlüsselfrage für den Bewerber ist also: Passe ich zu dieser Aufgabe? Das kann man nur beantworten, wenn man sich ganz genau mit der Stellenanzeige, dem Unternehmen und dem Umfeld auseinandergesetzt hat.

Was ist, wenn dem Bewerber bestimmte Sprach- oder PC-Kenntnisse fehlen?

Müller-Thurau: Wenn zum Beispiel in der Anzeige steht, Französischkenntnisse seien "wünschenswert", dann kann ich mich bewerben, auch wenn ich sie nicht habe. Wenn da aber steht, SAP R3 "wird vorausgesetzt", und ich habe dieses Wissen nicht, brauche ich mich gar nicht erst zu bewerben. Also: Genau lesen! Wenn in der Anzeige etwas steht wie "ist Voraussetzung" oder "ist unverzichtbar", und man bringt diese Kenntnisse nicht mit, dann schiebt man nur Frust, wenn man sich trotzdem bewirbt.

Was ist in der schriftlichen Bewerbung ein absoluter Fauxpas?

Müller-Thurau: Rechtschreibfehler. Eine der wichtigsten Anforderungen lautet: null Fehler. Es ist schon erstaunlich, wie oft Bewerber "Excel" ohne "c" schreiben. Oder dass sie toll akquirieren können - ohne "k". Das kann alles passieren. Doch was der Personaler zu Recht abstraft, ist der Verstoß gegen das Vier-Augen-Prinzip: Wenn man sich nicht die Mühe macht und nicht die Zeit nimmt, jemanden, der es gut mit einem meint, Korrektur lesen zu lassen.

Besonders schwer ist der Einstieg im Anschreiben. Was ist ein guter Anfang?

Müller-Thurau: Es geht ja um Selbstmarketing, und das heißt zunächst mal, mit dem Kopf des Adressaten zu denken. Entscheidend ist nicht, ob mir der Text gefällt, sondern ob er dem Adressaten gefällt. Also: In der Betreffzeile will der Personaler erfahren, worum es geht und wie der Bewerber auf das Unternehmen gekommen ist. Also schreibt man: Bewerbung als Debitoren-Kaufmann/Ihre Anzeige im Hamburger Abendblatt vom 27. August 2011. Damit hat man auch sofort den so schwierigen ersten Satz. Man muss das Rad nicht neu erfinden. Wenn jemand versucht, originell zu sein, geht das meistens nach hinten los. Es reicht ein schnörkelloser Start wie zum Beispiel: "Ihr Angebot habe ich mit Interesse gelesen, und deshalb bewerbe ich mich um diese Aufgabe." Ich schreibe nicht von mir, etwa "Hiermit bewerbe ich mich ..." oder "Ich will das und das ..." Stattdessen spreche ich mit "Ihr Angebot" den Adressaten an. Und so ein kleines Wort wie "Aufgabe" verrät eine ganze Menge über einen Menschen. Unternehmen haben nämlich keine Jobs zu vergeben, keine Positionen, keine Stellungen, sondern es sind Aufgaben zu erledigen. Hier zeigt man gleich ein bisschen seine rhetorische Kompetenz.

Was ist ein weiterer klassischer Fehler?

Müller-Thurau: Zeitdieb zu sein - indem man im Anschreiben den tabellarischen Lebenslauf vorwegnimmt. Es ist nervtötend, wenn ich einmal in Prosa lese, was jemand beruflich so getrieben hat, und dann das alles noch ein zweites Mal im Lebenslauf lesen kann. Es ist ein Kardinalfehler, wenn man zum Beispiel Firmennamen und Zeiten schon im Anschreiben erwähnt.

Was müssen Leute beachten, die eine Zeit lang aus dem Job raus waren?

Müller-Thurau: Schlecht ist, langatmig zu erklären, warum man seit Langem nach einem Job sucht oder warum man so lange raus ist. Das macht verdächtig. Das ist so ähnlich, als wenn ich einen Termin absage - mit der Begründung, ich habe Schnupfen, meine Oma hat Geburtstag, und mein Auto ist kaputt. Also: nicht umständlich erklären, sondern einfach nur im tabellarischen Lebenslauf aufschreiben, dass man von dann bis dann in der Familienpause war. Fertig. Gleiches gilt für die Arbeitslosigkeit. Auch diese Lücke sehen wir aus dem Lebenslauf. Aber alle Erklärungen, womöglich noch mit Schuldzuweisungen an andere, sind Gift.

Claus Peter Müller-Thurau, 64, ist Diplom-Psychologe. Der Experte für Personalauswahl und -entwicklung arbeitet seit 2000 selbstständig. Zuvor war er unter anderem Dozent an der Führungsakademie der Bundeswehr, Leiter Personalpolitik bei Axel Springer und Geschäftsführer einer Unternehmensberatung. Das Seminar "Den Job will ich haben!" ist Teil der Reihe "Weiterkommen" vom Institut für Weiterbildung und vom Hamburger Abendblatt. Es findet am 17. und 18. September, je von 10 bis 17 Uhr statt. Die Teilnahme kostet 170 Euro. Claus Peter Müller-Thurau erklärt unter anderem, wie man Stellenanzeigen richtig interpretiert, sich schriftlich und im Interview gut verkauft und kritische Fragen pariert.

Info und Anmeldung beim Institut für Weiterbildung, Regina Henning, Tel. 040/42838-5212, E-Mail: Regina.Henning@wiso.uni-hamburg.de

www.wiso.uni-hamburg.de/weiterbildung