Ein Kommentar von Mark Hübner-Weinhold

Gibt es den optimalen Zeitpunkt für den Abschied? Wann sollten Sie den Job wechseln? Darauf gibt es keine einfache Antwort. Es ist eine Frage der Perspektive.

Aus Sicht Ihres Arbeitgebers gehen Sie entweder zu früh oder zu spät – je nachdem, wie Ihre Leistung und Ihr Verhalten sind und beurteilt werden. Aus Ihrem persönlichen Blickwinkel gehen Sie wohl selten zu früh. Höchstens, wenn der neue Job sich als Luftblase entpuppt und Sie Ihre alte Tätigkeit romantisch verklären: „Ach, wäre ich doch geblieben ...“

Doch machen wir uns nichts vor: Die meisten Menschen, die kündigen, habe gute Gründe dafür. Unzufriedenheit mit dem Chef, den Kollegen, der Bezahlung. Aufgaben, die mit den eigenen Wertvorstellungen kollidieren. Eine attraktive berufliche Alternative. Ein Ortswechsel wegen der Partnerschaft. Oder einfach der Wunsch, noch einmal etwas anderes zu machen.

Erstaunlich ist, wie viele Berufstätige diesen Schritt nicht machen, obwohl sie den Spaß an ihrer Arbeit längst verloren haben. Permanent unzufrieden, lassen sie bei jeder Gelegenheit ihren Frust bei Kollegen, Familie und Freunden ab.

Am Ende flüchten sich solche Mitarbeiter oft in Sarkasmus: spöttische, bitterböse Sprüche und eine demonstrative „Mir doch egal“-Haltung. Jeder Veränderung wird prinzipiell misstraut. Doch diese Haltung blockiert auch die Begeisterung. Wer nicht mehr für seine Aufgaben brennt, dem fehlt der Spaß, und das Engagement erlischt.

Allzu häufig befördern Organisationen diesen Prozess. Engagierte Mitarbeiter wollen pragmatische und kluge Entscheidungen schnell umsetzen, aber ihr Elan wird von unklaren Kompetenzen und mangelhaften Ressourcen im Verschiebebahnhof der Zuständigkeiten aufs Abstellgleis rangiert. So wird das Feuer der Leidenschaft in den Wassermühlen der Erbsenzähler erstickt.

Wann also ist es Zeit für einen Wechsel? Wenn Sie nicht mehr aus tiefster Überzeugung lieben, was Sie tun. Wenn Sie kein Funkeln mehr in den Augen haben, wenn Sie Ihren Job machen. Wenn Sie das Gefühl haben, keinen sinnvollen Beitrag mehr leisten zu können.