Auf zehn Bewerbungen sollte eine Einladung folgen – wer weniger erreicht, muss seine Unterlagen überprüfen

„Man denkt ja immer, eine Bewerbung zu schreiben sollte heute kein Problem mehr sein“, sagt Kristina Usko. Für nicht wenige Menschen auf Jobsuche ist es das aber dennoch, so die Erfahrung der Bewerbungsberaterin der Hamburger Agentur für Arbeit. Zu kurz, zu lang, beim Seitenrand geschummelt, das Foto von der Freundin geknipst und dann noch inhaltlich am Adressaten vorbei: Egal ob Arbeiter oder Akademiker, jung oder alt – solche Fehler werden immer wieder gemacht. Einziger Unterschied: Je länger die letzte Bewerbung zurückliegt, desto häufiger geht etwas daneben. Elke Gogolin ist Karrieretrainerin und sagt: „Für diejenigen ist es mitunter sogar eine große Neuigkeit, dass man den Lebenslauf heute mit der aktuellen Station anfängt.“

„Ein Klassiker unter den Fehlern ist, Inhalte per ,copy and paste‘ bei der nächsten Bewerbung wiederzuverwenden“, sagt Daniel Bohne, Karriereexperte bei der Berufs- & Studienberatung Karriereprofi. Das kann zum einen zur Folge haben, dass Firmenname oder Ansprechpartner falsch sind. Bohne: „Für mich ein Grund, die Bewerbung sofort zur Seite zu legen.“ Zum anderen kommt es aber auch deswegen nicht gut an, weil keine zwei Unternehmen haargenau denselben Job besetzen wollen. Wer als Bewerber in Anschreiben und Lebenslauf nicht individuell auf die Details jeder einzelnen Stellenausschreibung eingeht – spezielle Erfahrungen, Kenntnisse, Voraussetzungen –, reduziert seine Chancen leichtfertig.

Auch Rechtschreibfehler sind keine Seltenheit. „Ich weiß nicht, ob es an der umgangssprachlichen Schreibe in Blogs und E-Mails liegt oder an der Autokorrektur-Funktion“, sagt Daniel Bohne. Aber so oder so heißt sein Rat: unbedingt das Vier-Augen-Prinzip einhalten und jemand anderen gegenlesen lassen. Grob könne man sagen, dass auf zehn Bewerbungen eine Einladung folgen müsste, erklärt Bohne. „Wenn der Erfolg deutlich schlechter ausfällt, sollte man seine Bewerbungsstrategie überprüfen. Qualität geht vor Quantität.“

Zur Gestaltung wählen Bewerber am besten eine klare Businessschrift in einer Größe von zehn oder zwölf Punkt. „Arial, Times oder Calibri“, sagt Elke Gogolin. „Kein Lucida Handwriting, das wirkt unprofessionell und verspielt.“ Bewerber müssten immer auch die Perspektive des Betrachters einnehmen und sich fragen: Wie will ich wirken? Auch beim Foto: Der Termin in einem professionellen Studio ist ein Muss.

Wichtigstes Element der Bewerbung ist der Lebenslauf – wichtiger als das Anschreiben, wichtiger als Zeugnisse. Schließlich dürfen nicht wenige Arbeitnehmer ihr Zeugnis selbst schreiben. 87 Prozent der ausscheidenden Mitarbeiter bekommen so oder so attestiert, dass sie „gut“ oder besser gewesen seien. Entsprechend gering schätzen Personaler die Aussagekraft von Arbeitszeugnissen. Dennoch gehören sie ebenso wie Abschlusszeugnisse natürlich dazu, ausgewählt nach Relevanz und Aktualität. Ein Abizeugnis zum Beispiel sei überflüssig, wenn jemand ein Studium absolviert hat, sagt Karrieretrainerin Elke Gogolin. „Ein 50-jähriger Bewerber, der sein Schulzeugnis mitschickt, zeigt, dass er nicht weiß, wie Bewerben heute geht.“

„Ein Lebenslauf muss Überblick geben“, sagt Kristina Usko von der Arbeitsagentur. „Dementsprechend sollte er nicht länger als zwei Seiten sein.“ Also heißt es, die richtigen Punkte aus den eigenen Arbeitserfahrungen auswählen. Usko: „Wenn man vor vier Jahren mal ein dreimonatiges Projekt gemacht hat, sollte das keine vier Zeilen einnehmen.“ Vielleicht kann man es sogar ganz unter den Tisch fallen lassen, wenn andere Projekte, an denen man mitgearbeitet hat, mehr über die eigene Qualifikation aussagen.

Entscheidend ist, dass im Lebenslauf die eigenen Erfahrungen in Bezug zur Stellenausschreibung des Unternehmens gesetzt werden. Ist etwa Souveränität im Kundenkontakt gefragt, sollte der Bewerber denjenigen Aufgaben und Positionen mehr Platz einräumen, die zeigen, dass er diese Qualität mitbringt. Gerade Soft Skills lassen sich so elegant einbauen. Statt aufzulisten, „bin teamfähig, belastbar und neugierig“, schreibt man, wie man in einer gemeinschaftlichen Anstrengung mit Kollegen ein zeitlich knappes Projekt auf ungewöhnliche Art und Weise zum Laufen gebracht hat. „Und das auch noch möglichst kurzgefasst“, sagt Kristina Usko. „Keine Frage, das ist schwierig.“

Während im Lebenslauf Fachkompetenz und Daten genannt werden, geht es im Anschreiben darum, eine persönliche Wirkung zu erzielen und eine Beziehung zum Empfänger aufzubauen. Wer schon einen Kontakt zur Personalabteilung hat – etwa über eine Messe oder ein Telefonat – nutzt diese Bekanntschaft für den Einstieg. Alle anderen müssen sich einen möglichst ansprechenden ersten Satz ausdenken. Das beliebte „Hiermit bewerbe ich mich um...“ sei Platzverschwendung, sagt Elke Gogolin. „Das steht schließlich schon im Betreff.“ Die Karrieretrainerin gibt ein Beispiel, wie der Einstieg individueller gelingt: „Sie suchen einen vertriebsstarken Allrounder mit technischem Hintergrund. Als Wirtschaftsingenieur habe ich jahrelang ...“

Einer der wichtigsten Ratschläge, findet Karriereberater Daniel Bohne, ist es, auf die Win-win-Situation zu achten. „Ein Anschreiben darf nicht nur eine Wunschliste des Kandidaten sein“, sagt er. „Es muss immer auch wiedergeben, was für das Unternehmen drin ist.“ Ein Beispiel: „In meinem nächsten Entwicklungsschritt möchte ich mein Branchenwissen im Vertrieb nutzen, um die Umsatzzahlen in Ihrem Haus auszubauen.“ Übrigens: Von Superlativen wie „mein extrem gutes Branchenwissen“ rät Bohne ebenso ab wie von Weichmachern à la „mein relativ gutes Branchenwissen“. Das eine wirkt überheblich, das andere unsicher. „Und beides kommt nicht gut an.“