In Hamburg bieten HAW und TU entsprechende Studiengänge an. Weltweit genießen die Absolventen damit einen exzellenten Ruf

Implantate, Hörgeräte, Prothesen – die Gesellschaft wird immer älter, und die Medizintechnik ist und bleibt eine Boombranche. Alexander Prehn, 28, studiert im zweiten Semester des Masterstudiengangs Biomedical Engineering an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg. Die guten Berufschancen waren es aber nicht, die für ihn den Ausschlag gaben. Er sagt: „Mit Medizintechnik trägt man dazu bei, Leben zu retten oder zumindest die Lebensqualität von Patienten enorm zu steigern.“

Ob Röntgen, Ultraschall, Computertomografie oder Magnetresonanz: Bildgebende Verfahren sind enorm wichtig in Diagnose und Früherkennung. Innovative Operationstechniken, zum Beispiel minimalinvasive OPs, sorgen dafür, dass ein Eingriff so schonungsvoll wie möglich abläuft. All das entwickeln Medizintechniker – wie auch Geräte für Therapie und Rehabilitation von Patienten.

„Ich hatte schon immer ein Interesse an Technik“, erklärt Prehn seine Studienwahl. Als er nach dem Abi eine Ausbildung zum Rettungssanitäter absolvierte, kam er erstmals in Berührung mit medizinischen Geräten. „CT und MRT sahen für mich damals nach Science-Fiction aus“, sagt er heute lachend.

Alexander Prehn zog von Chemnitz nach Hamburg und schrieb sich an der HAW für den Bachelorstudiengang Medizintechnik ein. „Ich mochte die Idee eines multidisziplinären und sehr breit angelegten Studiums“, sagt er. „Außerdem gefiel mir die Praxisnähe an der HAW, die Projektarbeit im mikrobiologischen Labor zum Beispiel, aber auch die gute Betreuung durch die Professoren und vor allem die Möglichkeit, die Abschlussarbeit in einem Unternehmen zu schreiben.“

Prehns Masterstudiengang Biomedical Engineering umfasst Teile der Mathematik, der Natur- und Ingenieurwissenschaften, die auf Probleme der Medizin angewendet werden. Daneben eignet sich der Student Rechts-, BWL- und Managementkenntnisse an. Im Studium an der HAW ist außerdem ein sechsmonatiges Praktikum integriert. Beispielsweise bei Olympus, Dräger, Weinmann, Söring oder am Uni-Klinikum Eppendorf (UKE).

Andere Schwerpunkte im Studium setzt die Technische Uni Hamburg-Harburg (TUHH). Dort liegt der Fokus auf der theoretischen Ingenieurwissenschaft statt auf der Medizintechnik. Ein Bachelor-Abschluss ist hier in den Studiengängen Allgemeine Ingenieurwissenschaft und Maschinenbau mit der Vertiefung „Mediziningenieurwesen“ möglich. „Erst im Master konzentrieren sich die Studenten allein auf diese Fachdisziplin“, sagt Michael Morlock, Leiter des Instituts für Biomechanik an der TU, der den Masterstudiengang Mediziningenieurwesen vor zwölf Jahren mit ins Leben gerufen hat. „Die Idee dahinter ist, dass die Studenten bei uns zunächst die Grundlagen erlernen und sich später auf den Fachbereich Mediziningenieurwesen spezialisieren“, erklärt er. Wie auch an der HAW ist ein Bachelor-Abschluss eines technischen oder ingenieurwissenschaftlichen Studiengangs Voraussetzung für die Zulassung zum Masterstudium.

Der Unterschied zwischen einem Medizintechniker und dem Mediziningenieur? „Der Techniker beschäftigt sich vornehmlich mit der Elektronik, etwa mit einem EKG“, erläutert Morlock. „Der Ingenieur entwickelt und konstruiert zum Beispiel auch Implantate oder Endoprothesen.“

Hat man den Abschluss in der Tasche, sind die beruflichen Möglichkeiten vielfältig. Absolventen kommen in Laboren und an Unis in der Forschung unter, arbeiten in Krankenhäusern und Dialysezentren gemeinsam mit Ärzten und Pflegepersonal an der Implementierung neuer Geräte oder verfassen in der Industrie Gutachten und prüfen Vorschriften. Frank Dzukowski ist Geschäftsführer der KFE Klinik Facility-Management Eppendorf, einer Tochterfirma des UKE für Planung, Management und technische Betriebsführung. „Die demoskopische Entwicklung führt dazu, dass die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen und nach medizinischer Ausstattung steigt“, sagt er. „Das zieht einen hohen Bedarf an gut ausgebildeten Ingenieuren und Technikern nach sich – und das in sämtlichen Bereichen deutscher Medizintechnik-Unternehmen, also Forschung, Entwicklung, Service und Vertrieb.“ Alexander Prehn hat schon während des Bachelorstudiums drei Jahre in der Entwicklungsabteilung von Olympus an der Verbesserung von Endoskopen mitgearbeitet.

Im Rahmen seiner Abschlussarbeit entwickelte er dann ein neues Sensorsystem für ein Notfallbeatmungsgerät der Firma Dräger. Nach dem Masterabschluss möchte er am liebsten an der Schnittstelle von Hard- und Software medizinischer Geräte arbeiten. Viele seiner Kommilitonen, erzählt er, gehen auch in die Qualitätssicherung. Dazu gehört etwa die Überwachung von lebenserhaltenden Systemen. „Daneben werden neue Geräte natürlich laufend getestet“, sagt Prehn. „Diese standardisierten Tests werden ebenfalls von Ingenieuren entworfen, durchgeführt und dokumentiert.“

Auch im Ausland sind die Absolventen hoch angesehen. „Die Deutschen genießen weltweit einen sehr guten Ruf im Bereich der Medizintechnikbranche“, sagt Michael Morlock von der TUHH. Viel zu tun gibt es: Bis zum Jahr 2020 soll die Nachfrage nach Medizintechnik in den Industrienationen laut einer Studie des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts um drei bis vier Prozent pro Jahr zunehmen; für Schwellenländer wird sogar ein jährliches Wachstum von neun bis 16 Prozent prognostiziert. Studenten bietet das die Möglichkeit, nach dem Abschluss auf einem globalen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Das Gehalt variiert je nach Tätigkeitsfeld und Arbeitgeber stark. Produktmanager, Controller und Außendienstmitarbeiter verdienen in den ersten beiden Berufsjahren im Schnitt 45.000 Euro. Wer in der Forschung arbeiten möchte, erhöht Erfolgschancen und Verdienst durch eine Promotion. Prehn jedenfalls hat noch eine gute Nachricht: „Ich kenne niemanden aus diesem Bereich, der nach dem Studium arbeitslos war.“