Mancher Hochschulabsolvent ist schon Monate im Job und trotzdem vielen unbekannt. So machen Sie sich sichtbar

Sie kleben an ihren direkten Kollegen, gehen mit anderen Trainees Mittagessen und kennen außerhalb der Abteilung kaum jemanden: „Bei vielen Berufseinsteigern ist das Thema Netzwerken noch nicht angekommen“, sagt Businesscoach Sabine Osmanovic. Sie beobachtet, dass Berufseinsteiger oft eine Art Clique haben – wie früher in der Schule. Doch wer nach dem Einstieg Erfolg haben will, muss sich vernetzen.

Viele Young Professionals nähmen das Kontakteknüpfen nicht ernst genug, sagt auch Karriereberaterin Ute Bölke. „Sie stecken viel Zeit und Energie in ihre neue Aufgabe.“ Doch das Netzwerken interessiert sie nicht. Dabei bekommen sie wichtige Informationen im Berufsleben nicht am Schwarzen Brett, sondern über ihre Kontakte.

Sogenannte Onboarding-Programme helfen beim Einleben in Unternehmen

Im Idealfall gibt es im Unternehmen spezielle Programme, die Anfängern Einstieg erleichtern. „Onboarding“ heißt das im Personalmanagement. Dabei führen Mitarbeiter Neulinge in der Firma herum und erstellen einen Einarbeitungsplan für sie. „Zum Teil bieten Firmen Mentorenprogramme an“, sagt Karriereberaterin Svenja Hofert. Gibt es sie, sollten Anfänger unbedingt daran teilnehmen.

Kontakte knüpfen Berufsanfänger idealerweise nicht nur unter ihresgleichen, rät Hofert. Die interessanten Informationen haben meist erfahrenere Kollegen. Gerade Frauen vernetzten sich jedoch häufig auf der gleichen Hierarchieebene, hat eine Studie der Technischen Universität Bielefeld ergeben. Selbst als Praktikant spreche jedoch nichts dagegen, sich mit dem Geschäftsführer zu vernetzen.

Das klingt gut – doch wie fädeln Anfänger so etwas ein? Am besten ist es, sich von einem Kollegen oder dem Vorgesetzten vorstellen zu lassen. Alternativ können junge Berufstätige den Mentor oder Ausbildungsbetreuer um eine Empfehlung bitten.

Dabei ist es ratsam, sich gezielt zu überlegen, welche Menschen man als Anfänger kennenlernen möchte. „Für Berufseinsteiger ist Netzwerken durchaus eine politische Angelegenheit“, sagt Ute Bölke. Neulinge müssen aufpassen, dass ihr Verhalten nicht anbiedernd wirkt. Zu viele Personen sollten sie nicht von sich aus ansprechen.

Es gebe einige Schlüsselpersonen, mit denen sich Einsteiger rasch vernetzen sollten, so Bölkes Empfehlung. Dazu gehöre der direkte Vorgesetzte, später der Ansprechpartner in der Personalabteilung. Außerdem könnten sie sich mit Mitarbeitern in benachbarten Abteilungen bekannt machen. „Wer im Vertriebsinnendienst tätig ist, wird wahrscheinlich am häufigsten mit dem Marketing und Außendienst zusammenarbeiten“, sagt die Karriereberaterin. Außerdem seien Personal- und Betriebsrat Schlüsselfiguren im Unternehmen. Wer eine Person anspricht, weiß manchmal nicht, worüber er sprechen soll. Gibt es ein Thema, auf dem eine Führungskraft sehr versiert ist oder darüber promoviert hat, ist das ein Anknüpfungspunkt. Außerdem sei es ratsam, sich nicht zu stark darauf zu fixieren, wie einem diese Person später nützen könnte. „Ich sollte überlegen, ob es auch etwas gibt, was ich für den anderen tun kann“, rät Bölke.

Auch außerhalb der Firma kann man netzwerken, etwa bei Vortragsabenden

Neben der Vernetzung im Unternehmen ist es wichtig, sich innerhalb der Branche einen Namen zu machen – Kontakte zu anderen Unternehmen knüpfen und so insgesamt mehr Informationen erhalten. Dafür müssen Anfänger Präsenz zeigen. „Wo präsentiert sich das eigene Unternehmen? Hier sollte man versuchen, mitzugehen“, sagt Karriereexpertin Bölke. Gleichzeitig sollten sich Einsteiger auf Messen und Konferenzen sehen lassen, empfiehlt Businesscoach Sabine Osmanovic. „Auch Vorträge in der Industrie- und Handelskammer oder bei Berufsverbänden sind gute Gelegenheiten, um brancheninterne Kontakte zu knüpfen“, sagt sie.

Wie beim Bekanntmachen innerhalb des Unternehmens erfolgt auch die Vernetzung in der Branche über soziale Netzwerke wie Xing oder LinkedIn. Ratsam sei hier, einer Branchengruppe beizutreten und dort ab und an Beiträge zu posten oder auf Artikel aufmerksam zu machen, sagt Osmanovic. Gleichzeitig können Neulinge laut Svenja Hofert auch auf Blogs oder über Twitter mit Kommentaren zu einem bestimmten Thema ihre Expertise darstellen. „Genauso wie offline ist es wichtig, gesehen zu werden“, sagt die Karriereberaterin.