Audiotherapeutin Jana Verheyen berät und unterstützt Berufstätige, die schlecht hören

Jeder vierte Bundesbürger zwischen 50 und 59 ist schwerhörig, erzählt Jana Verheyen. „Und die Auswirkungen auf das Berufsleben sind erschreckend groß.“ Wer schlecht hört, fühlt sich oft erschöpft und hat enormen Erholungsbedarf. Der Versuch, alles mitzubekommen, und hoch konzentriert im Geiste Sätze zu ergänzen, die man nicht ganz verstanden hat, verursacht Stress und macht müde. Vom Informationsfluss ist derjenige, der schlecht hören kann, teils sogar komplett abgeschnitten, etwa weil er die informellen Gespräche in der Teeküche und auf dem Flur nicht mehr richtig aufnehmen kann. „Es kommt auch zu Missverständnissen oder Streit mit den Kollegen oder dem Chef“, sagt Jana Verheyen.

Die Folge: sozialer Rückzug, Karriereknick, noch mehr Frustration. Spätestens an dieser Stelle kommt Jana Verheyen zum Einsatz. Seit März dieses Jahres bietet die 39-Jährige ihre Dienste als Audio-Coach für Schwerhörige an. Auch Berufstätige, die an Tinnitus und Hyperakusis (übermäßiger Schallempfindlichkeit) leiden, sind bei ihr richtig.

Verheyen ist selbst schwerhörig. „Mit 20 hatte ich einen Hörsturz und verliere seitdem an Hörfähigkeit“, erzählt die Hamburgerin. „Ich kann die Probleme meiner Klienten also aus eigener Erfahrung nachvollziehen.“ Gerade in Großraumbüros und am Telefon werde es oft schwierig. Verheyen hat es selbst erlebt. Die Betriebswirtin und Industrie-Designerin war als Beraterin in Agenturen und zuletzt als Kommunikationsmanagerin für ein Unternehmen tätig. „Aber es war klar, dass ich akustisch immer mehr überfordert war und ich mir dringend Gedanken über eine grundlegende Lösung machen musste“, sagt sie. Die Lösung fand Verheyen in der Selbstständigkeit. „Bei der Arbeitsagentur gelte ich als nicht mehr vermittelbar, weil ich viel zu hoch qualifiziert bin für das, was ich akustisch leisten kann“, erzählt sie. Darum habe sie sich selbst etwas Schlaues einfallen lassen.

„Meine Arbeit besteht darin, den Betroffenen zu erklären, was sie tun können, um sozial integriert zu bleiben“, sagt die Gründerin. „Und ihnen die Zusammenhänge zwischen Schwerhörigkeit und Übermüdung sowie mögliche Lösungswege zu erläutern.“ Erster Schritt sei, aktiv mit der Schwerhörigkeit umzugehen, statt sich zu schämen: „Die Wünsche ans Umfeld offen artikulieren und für akustisch gute Bedingungen sorgen“, empfiehlt Verheyen. Zusätzlich zur Beratung coacht sie ihre Klienten darin, ihr Selbstbewusstsein wieder aufzubauen. „Wer tatenlos zusehen muss, wie er vom Mittelpunkt an den Rand rutscht, kommt damit in der Regel nicht klar“, sagt sie. „Und wer vorher schon nicht wirklich integriert war, ist durch seine Kommunikationsbehinderung schneller komplett draußen, als es jeder vermuten würde.“

Auf ihre Arbeit als Audio-Coach hat sich Verheyen gut vorbereitet. Nach einer Weiterbildung zum systemischen Coach steht sie kurz vor der Abschlussprüfung als Audiotherapeutin. Mit dem Start ihrer Firma ist sie zufrieden. Allerdings sei ein guter Teil der Interessenten arbeitslos und könnte sich das Coaching oft nicht leisten. Auch darum will sie Kooperationen eingehen. Mit einer Krankenkasse ist Verheyen im Gespräch, mit Seniorenheimen, Hörgeräteakustikern und einem Berufsbildungswerk. In Firmen hält sie Vorträge, gibt Schulungen. „Ich gehe davon aus, dass dieser Teil in ein paar Jahren den Großteil meiner Arbeit ausmachen wird“, sagt Jana Verheyen. Für die Zukunft plant sie auch, das Thema Burn-out stärker in den Fokus zu nehmen: „Wer schon anderweitig am Limit ist, kann eine versteckte oder nicht bewusste Schwerhörigkeit nicht kompensieren – und brennt aus.“

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