Der Blick über den Tellerrand ist in Zukunft mehr gefragt als der einsame Programmierer – ebenso wie kommunikative Experten, die maßgeschneiderte Problemlösungen für das eigene Unternehmen und für Kunden entwickeln können

Soll ich einen IT-Beruf ergreifen? Soll ich vielleicht sogar Informatik studieren? Das fragen sich viele Schulabgänger, die sich für die IT-Technik interessieren. Denn sie können die künftigen Berufschancen in der Informationstechnologie oft nicht einschätzen. Dass IT-Fachleute derzeit gesucht werden – das liest man in fast jedem Arbeitsmarktbericht. Doch wie sieht es in dieser Branche in vier, fünf Jahren aus? Sind dann womöglich die meisten Stellen nach Indien und China verlagert? Das fragen sich viele Schulabgänger, die erwägen, einen IT-Beruf zu ergreifen oder Informatik zu studieren.

„Die Berufs- und Karrierechancen für ITler werden auch in einigen Jahren sehr gut sein“, beruhigt Maurice Shahd, Sprecher des Branchenverbands BITKOM. Dabei begründet Shahd seinen Optimismus mit zwei Faktoren. Erstens: „Die Informationstechnik ist heute eine Schlüsseltechnologie.“ Ohne IT geht in den meisten Betrieben nichts mehr. Zweitens: Die Zahl der Absolventen von IT-Ausbildungen und -Studiengängen war in den letzten Jahren zu niedrig. Deshalb und aufgrund der demografischen Entwicklung sind und bleiben IT-Experten auch weiterhin gefragt.

Die Anforderungen ändern sich

Doch zunehmend ändern sich die Anforderungen an die IT-Spezialisten. Zur raren Spezies werden Programmierer, die vor sich hin programmieren, ohne mit der Umwelt zu kommunizieren. Gefragt sind „teamfähige Spezialisten, die mit anderen Experten maßgeschneiderte Problemlösungen entwickeln können – fürs eigene Unternehmen und für Kunden“, sagt Prof. Dr. Michael Löwe, Leiter der Abteilung Informatik an der Fachhochschule für die Wirtschaft (FHDW) Hannover. „Informatiker von morgen müssen zumindest ein Überblickswissen in anderen Fachgebieten haben.“

Ähnlich äußern sich Unternehmensvertreter. So bietet die Haspa neuerdings auch das duale Studium „Bachelor of Science Business Informatics“ für Wirtschaftsinformatiker in Kooperation mit der HSBA (Hamburg School of Business Administration) an. „Weil wir jeden Tag in der Praxis gegenüber unseren Kunden höchste Qualitätsansprüche erfüllen wollen, brauchen wir heute wie in Zukunft engagierte und hoch qualifizierte Mitarbeiter – auch im Bereich der IT“, sagt Matthias Saecker, Leiter der Abteilung Talentmanagement bei der Haspa. „Der eigene Nachwuchs, der die Spezifikationen des Unternehmens während der Ausbildung kennen- und schätzen lernt, spielt dabei eine herausragende Rolle.“

Verstärkt werden „Bindestrich-ITler“ gesucht

Einen ähnlichen Bedarf signalisieren zahlreiche Unternehmen. Entsprechend boomen die „Bindestrich-Informatiker“ – wie zum Beispiel der IT-Systemkaufmann. Ein Klassiker ist der Wirtschaftsinformatiker, der über betriebswirtschaftliches Know-how verfügt. Immer stärker sind aber auch andere „Bindestrich-Informatiker“ gefragt – zum Beispiel solche, die vom Maschinenbau, der Medizintechnik oder vom Versicherungswesen Ahnung haben. „In diesen Grenzbereichen zu anderen Disziplinen entstehen ganz neue Berufsfelder“, bestätigt Rolf Chung vom IT-Mittelstandsverband VDEB.

Was folgt daraus für Schulabgänger, die sich für einen IT-Beruf oder ein Informatik-Studium interessieren? Sie sollten laut Prof. Michael Löwe von der FHDW Hannover darauf achten, dass ihnen ihre Ausbildung oder ihr Studium „fundierte Einblicke in viele Wissens- und Anwendungsbereiche“ bietet. Denn in der Industrie seien zunehmend ITler gefragt, die es gelernt haben, über den Tellerrand der eigenen Disziplin zu schauen. Da die IT für die Unternehmen stets nur ein Hilfsmittel sei, um übergeordnete Ziele zu erreichen, müssten die ITler diese verstehen und bei ihrer Arbeit vor Augen haben.