Gründerköpfe: Zwei Wissenschaftler haben TerraPellet entwickelt und bringen es jetzt auf den Markt

Ziemlich sicher ist, den „Elevator Pitch“ würde Thomas Voß nicht bestehen. So heißt die prägnante Präsentation einer Geschäftsidee während einer 30-sekündigen Fahrstuhlfahrt. Der Wissenschaftler braucht länger. Am liebsten die 86 Stockwerke zum Empire State Building, denn es gibt viel zu erzählen über TerraPellet. Ein organisch-mineralischer Dünger in kompakter Pellet-Form, den Umweltingenieur Voß zusammen mit seinem Kollegen Torsten Bettendorf demnächst in Hamburger Gärtnereien und Baumärkte bringt. Hinter dem Produktnamen verbirgt sich eine zweijährige Forschungsarbeit und eine 2000 Jahre alte Geschichte: „Wir haben den Machern der Terra Preta aufs Handwerk geschaut“, sagt Voß.

Terra Preta do indio ist eine fruchtbare Schwarzerde aus dem Amazonasgebiet, die indigene Völker aus Abfällen herstellten, um die nährstoffarmen tropischen Böden anzureichern. „Das genaue Rezept ist nicht bekannt“, so Voß. Sicher ist aber, dass Abfall-, Abwasser- und Holzkohlenreste dabei waren. „Die Oberflächenstruktur der Holzkohle nimmt viele Mikroorganismen auf, das ist sehr nährstoffreich.“ Ebenso TerraPellet: Die Wissenschaftler haben kompostierte Gärreste mit organischen Abfällen vermischt und Biokohle zugesetzt. „Ein Abfallprodukt, das wir aus einer Holzvergasungsanlage im Emsland beziehen. Für unseren Dünger stirbt kein Baum“, versichert der 30-Jährige.

Die Verbindung zu ländlichen Räumen und Landwirtschaft ist nicht unwichtig für die Geschäftsidee, die mit einer bäuerlichen Ablehnung ihren Anfang nahm. „Ich hatte einen Kompost, mein Kollege ein Düngemittel entwickelt. Beides wollten die Bauern nicht haben. Da haben wir versucht, die Angebote zu kombinieren.“ Voß und Bettendorf sind Promotionswissenschaftler der Technischen Universität Harburg (TUHH). Bettendorf arbeitet am Institut für Abwasserwirtschaft und Gewässerschutz, Voß am Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft. Eine Vollzeitbeschäftigung bis 2015. Dann will der Diplom-Ingenieur seine Promotion abgeben.

Schön wäre es, wenn TerraPellet in der Landwirtschaft zum Einsatz kommen könnte. „Die Zulassung für Düngemittel in der Landwirtschaft nimmt viele Jahre in Anspruch, das können sich nur große Produzenten leisten.“ Weil die Wissenschaftler das Privileg hatten, ihre Idee in laufende Forschungsprojekte zu integrieren, hielten sie daran fest und stiegen zunächst in den Privatmarkt ein. „Da sind die Zulassungsvoraussetzungen gering.“ Die Gewinnmargen auch: Ein Dreieinhalbkilo-Sack, den die Wissenschaftler bald in Baumärkten und Gärtnereien für die Zielgruppe „Kleingärtner mit Öko-Bewusstsein“ anbieten werden, kostet zehn Euro. „Ein bis zwei Prozent landen davon höchstens bei uns“, sagt Voß. Konsequenz: „Die Masse macht es.“ Und die steckt in der Landwirtschaft.

Geholfen haben den Gründern die Vernetzung in der TUHH, vor allem das „Startup Dock“ der Hochschule, das sie mit einem Investor in Verbindung und ein wenig Struktur in das Geschäftsmodell brachte. „Anfangs gab es nur die Idee und den Glauben an das gemeinsam entwickelte Produkt“, sagt Voß. Dann kam die Bewerbung um den Gründerpreis, für den die Ingenieure sich mit Betriebswirten des TU-Partners Northern Institute of Technology (NIT) zusammentaten und am Ende auch ohne den ersten Preis profitierten. „Wir wissen jetzt, wie eine Kosten-Nutzen-Rechnung geht.“ Und sich gegenüber Investoren zu präsentieren: „Man lernt, professionell aufzutreten, sich nicht in Details zu verlieren.“

www.terrapellet.de